Zunächst möchten wir uns wieder einen kurzen Überblick über die experimentellen Fakten verschaffen. Anschließend werden wir eine zusammenhängende Beschreibung erarbeiten.
Wie so oft, beobachtet man zunächst gewisse Phänomene. Man wundert sich, weil man sie anfangs nicht versteht, aber mit der Zeit versucht man Beobachtungen miteinander in Beziehung zu setzen und findet schließlich Gesetzmäßigkeiten heraus.
Die ersten Erfahrungen über elektrische Phänomene gehen bis auf das antike Griechenland zurück. Damals hat sich gezeigt, wenn man Bernstein reibt, kommt es zu eigenartigen Erscheinungen. So werden zum Beispiel Dinge angezogen, von denen man es nicht für möglich gehalten hätte. Und so stellte man fest, dass sich Bernstein bei Reibung auflädt.
Ähnliche Beobachtungen lassen sich auch heute machen, wenn man analog dazu ein Tierfell an einem PVC-Stab reibt. Aufgrund dessen können Kraftwirkungen an Papierschnipseln auftreten, sobald man den PVC-Stab in deren Nähe bringt.
Bei solchen qualitativen Beobachtungen stellt sich immer die Frage, wie kann man das quantitativ untermauern? Um so etwas quantitativ zu messen, verwendet man Elektroskope. Für solche Anwendungen gibt es das Faden-Elektroskop und das Drehzeiger-Elektrometer. Bei letzterem kann man die Messung von elektrischen Ladungen unmittelbar an einer Skala ablesen.
Nun stellt sich die Frage, ob es nur „eine” Art von elektrischen Ladungen gibt oder womöglich zwei Arten von elektrischen Ladungen? Um das herauszufinden, kann man ein Elektrometer mit einer gewissen Ladungsmenge vorladen, und anschließend beobachten was passiert, wenn man mit einer weiteren Ladung in die Nähe kommt. Wie verfällt sich der Drehzeiger in einem solchen Fall?
Würde man zum Beispiel jetzt mit einem Fell an einem Glasstab reiben, und diesen anschließend in die Nähe des bereits vorgeladenen Elektrometers bringen, schwenkt der Drehzeiger nach unten. Würde man aber erneut den PVC-Stab reiben, würde jetzt bei Annäherung der Drehzeiger wieder nach oben schwenken. Offensichtlich gibt es zwei verschiedene Ladungen.
Um diese Frage noch deutlicher zu beantworten, kann man jetzt mit einer Metallkugel von einem geladenen Glasstab eine elektrische Ladung auf ein zuvor entladenes Elektrometer in mehreren Schritten übertragen. Wenn man anschließend wieder zum PVC-Stab greift, und nun mit der Metallkugel dessen Ladung auf das Elektrometer übertragen möchte, zeigt sich, dass der Drehzeiger abnehmende Werte anzeigt. Durch die andere Polarität der Elektrizität geht der Ausschlag des Zeigers somit wieder zurück. Damit lässt sich beweisen, dass es „zwei” Arten von Elektrizität gibt.
Die eine Art von Ladungen erhält ein positives Vorzeichen und die andere ein negatives Vorzeichen. Denn die eine Art von Ladungen kann die andere wieder wegkompensieren. Und seinerzeit hatte Georg Chr. Lichtenberg Ende des 18. Jahrhunderts festgelegt, dass die Ladung die vom Glasstab kommt, ein positives Vorzeichen (+) erhält. Das war im Nachhinein eine unglückliche Festlegung. Denn es hat sich später herausgestellt, dass die Elektrizitätsleitung in metallischen Leitern durch Elektronen hervorgerufen wird, die in derartigen Leitern unterwegs sind, sprich negativ geladene Ladungsträger. Wären das aber, wie ursprünglich angenommen die positiven Ladungsträger, dann würde die tatsächliche Bewegungsrichtung der Elektronen mit der technischen Stromrichtung zusammenfallen. Und so bewegen sich die Elektronen in metallischen Leitern immer entgegen der Stromrichtung, wie man eigentlich vermuten würde. Dennoch blieb die seinerzeit willkürlich festgelegte Bezeichnung bis heute erhalten.
Welche Wechselwirkung ist zu erwarten, wenn zwei Körper, mit gleicher oder entgegengesetzter Ladung in die Nähe kommen?
Gleichnamig geladene Ladungen stoßen einander ab. Wogegen verschieden geladene Ladungen einander anziehen. Hierzu sei allerdings bereits erwähnt, dass durch Reibung keine Ladung im eigentlichen Sinne erzeugt wird. Sondern es kommt nur zu einer Ladungstrennung. Wenn ein System insgesamt ungeladen ist, werden durch Reibung positive Ladungen auf einem Glasstab verstärkt. Somit bleiben die Ladungen in Summe erhalten. Das ist ein Hinweis darauf, dass die elektrische Ladung eine „Erhaltungsgröße” ist, sprich Ladungen bleiben erhalten.
Wie verhält es sich aber generell mit den Ladungen? Sind sie irgendwo exponiert vorhanden oder befinden die sich immer auf irgendwelchen Körpern? Tatsächlich muss man einen Transport von Ladungen durchführen. In der Elektrostatik spricht man deshalb auch gerne vom „Löffeln”. Das geschieht zum Beispiel mit Hilfe einer leitenden Kugel. Um einen Ladungstransport durchführen zu können, müssen die Körper grundsätzlich leitfähig sein.
Wie verhält es sich mit der Kraft zwischen zwei geladenen Körpern?
Die Kraftwirkung auf zwei elektrisch geladene Körper deutet an, dass ihre Wechselwirkungskraft proportional ist zur Ladung, die sich auf dem jeweiligen Körper befindet.
Wie hängt die Kraft mit dem Abstand zweier geladener Körper zusammen?
Die Kraftwirkung auf zwei elektrisch geladene Körper deutet an, dass bei einer Verdopplung des Abstandes die Kraft auf ein Viertel zurückgeht.
Damit ergeben sich zwei wichtige Abhängigkeiten:
Die Kraftwirkung zwischen geladenen Körpern, die klein sind gegenüber ihrem Abstand, beispielsweise Punktladungen, sind einerseits proportional zur Ladung auf den Köpern und proportional zum Reziprok Wert des Abstandsquadrates.
Oder anders ausgedrückt, ist die Wechselwirkungskraft zwischen zwei Punktladungen proportional zur Größe der Ladung auf jeder dieser Punktladungen. Und sie ist verkehrt proportional zum Quadrat des Abstandes zwischen diesen Punktladungen.
Daraus ergibt sich für zwei Ladungen
das berühmte Coulomb-Gesetz:
q₁ , q₂ sind die Ladungen
r ist der Abstand
1/4π · η₀ ist
ein Proportionalitätsfaktor
Der Proportionalitätsfaktor hängt davon ab, in welchen Einheiten man die Ladungen misst.
Wenn es um elektrische Ströme geht, mit entsprechend höheren Ladungen, wählt man eine Einheit, die zusammenhängt mit der Größe η₀.
η₀ ist die elektrische Feldkonstante
Diese universelle elektrische Feldkonstante legt im Wesentlichen die Einheit der elektrischen Ladung fest. Auf Grundlage der SI-Einheiten definiert man sich die Einheit der elektrischen Stromstärke. Hierzu betrachtet man zwei parallele stromdurchflossene Leiter, die sich mit einer gewissen Kraft anziehen. Wenn diese Kraft einen bestimmten Wert hat, fließt eine Stromstärke von 1 Ampere jeweils durch jeden der beiden Leiter. Wenn man auf diese Weise die Stromeinheit festlegt, ergibt sich daraus eine Ladungseinheit. Wird diese Einheit dann im Coulomb-Gesetz verwendet, ergibt sich die Größe η₀ mit einem bestimmten Wert.
Und so erhält man als Wert für die elektrische Feldkonstante:
C ist die Ladungseinheit Coulomb
Wenn man nun diesen Wert für die Feldkonstante entsprechend in obige Beziehung einsetzt, ergibt sich für zwei Ladungen im Abstand von 1 Meter:
Das ist eine beachtlich hohe Zahl. Mit anderen Worten, eine Gewichtskraft von 10⁶ to wird mit der gleichen Kraft zur Erde gezogen wie die Wechselwirkungskraft zwischen zwei Ladungen im Abstand von 1 Meter. Man wählt eine derart hohe Ladungseinheit, weil bei den elektrischen Strömen einige Ampere fließen. Und 1 Ampere ist ein Stromfluss, bei dem pro Sekunde 1 Coulomb durch einen Leiterquerschnitt hindurchtritt.
Zum Glück fließen derartig große Ladungen nicht unmittelbar durch unsere Stromleitungen im Haushalt. Denn in einem solchen metallischen Leiter gibt es nicht nur die Elektronen, sondern auch die „positiven” Atomkerne. Und diese beiden gleichen einander jeweils aus. Wenn demnach so 1 Ampere durch einen metallischen Leiter hindurchfließt, ist gleichzeitig so viel positive Ladung in dem Leiter vorhanden, das sich die Gesamtladung der fließenden Elektronen und der entsprechenden Atomkerne wieder komplett ausgleicht. Daher ist ein solcher Leiter nach außen hin ungeladen.
Aufgrund dessen ergibt sich für die elektrische Elementarladung:
Wenn man zum Beispiel in einem elektrischen Feld in einem Plattenkondensator einen „Öltröpfchennebel” anordnet, dann treten die Ladungen auf den Tröpfchen nur „quantenhaft” auf. Auf den Tröpfchen tritt nur ein gewisses Vielfaches eines bestimmten Elementarladungsquantums auf. Aufgrund dessen konnte man feststellen, wie groß dieses elektrische Elementarladungsquantum ist.
Elektrische Ladungen treten somit nur als Vielfaches einer Elementarladung auf. Und diese Elementarladung ist letzten Endes nichts anderes als „eine” Eigenschaft von Elementarteilchen. Diese Elementarteilchen haben entweder „keine”, oder eine „positive” bzw. eine „negative” Ladung.
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