Jetzt wechseln wir von der Elektrostatik zur „Elektrodynamik”. Im weiteren Verlauf werden wir uns schrittweise mit den zeitlich veränderlichen Prozessen beschäftigen. Bewegte Ladungen, wie das in elektrischen Strömen der Fall ist, führen zur Ausbildung von magnetischen Feldern.
Nennenswerte Magnetfelder treten erst dann auf, wenn Ströme von der
Größenordnung
Aber bereits kleine galvanische Zellen sind in der Lage, Ströme von einigen Ampere zu erzeugen.
Eine Möglichkeit der Realisierung sind bewegte Ladungsträger im Vakuum. Hierzu erzeugt man zum Beispiel Elektronenstrahlen, und lässt diese durch eine evakuierte Röhre durchströmen. Alternativ bietet sich auch ein hochverdünntes Gas an, wie in Leuchtstoffröhren:
Wenn man allerdings stärkere Ströme transportieren will, verwendet man dazu vorzugsweise metallische Leiter. Da gibt es einerseits elektronische Leiter, in deren Innerem sich Elektronen frei bewegen können, und damit den Ladungstransport ermöglichen. Aber auch Halbleiter gehören dazu, die ebenfalls zu den Festkörpern zählen.
Des Weiteren gibt es Ionenleiter, bei denen nicht nur Elektronen, sondern auch negative und/oder positive Ionen frei beweglich sind. Man spricht dann von den sogenannten „Elektrolyten”, also Flüssigkeiten.
Und dann gibt es noch die gemischten Leiter. Die enthalten alles, was sich zum Ladungstransport eignet, Elektronen und +/- Ionen. Solche Vorgänge sind in Gasentladungen und Plasmen zu beobachten.
Wie werden uns überwiegend mit dem Ladungstransport in elektronischen Leitern auseinandersetzen, weil das für die Praxis mehr von Bedeutung ist. Das sind zum Beispiel längliche, dünne Kupferdrähte.
Zu Beginn führt man hierzu zunächst die „elektrische Stromstärke” ein:
Darunter versteht man die Ladung, die pro Zeiteinheit durch den Querschnitt des betreffenden Leiters hindurchtritt. Andre-Marie Ampere war der erste, der Kraftwirkungen zwischen zwei stromdurchflossenen Leitern beobachtet hatte. Und diese Kraftwirkungen verwendet man heute als Definitionsgrundlage für die Einheit von 1 Ampere. Heute definiert man es mehr über die Kraftwirkungen zwischen parallelen geradlinigen Leitern.
Ist die Stromstärke bekannt, kann man auch die „Stromdichte” definieren.
Wenn ein Leiter einen gewissen Querschnitt hat, durch den eine Ladung fließt, also eine gewisse Ladungsmenge, die pro Zeiteinheit den gesamten Querschnitt durchsetzt, lässt sich das auf die Einheit des Querschnittes beziehen. Mit anderen Worten, wie viel Ladung fließt pro Zeit und Querschnittseinheit durch diesen Leiter hindurch.
Die Stromdichte ist demnach die Stromstärke pro Querschnittsfläche:
ist die Stromdichte
Die Ladungsdichte ϱ, und die Stromdichte können in Summe als Ursachen des elektromagnetischen Feldes aufgefasst werden. Wie wir schon betrachtet haben, ist ϱ die Quelldichte des elektrischen Feldes, und ist daher für die elektrische Komponente verantwortlich. Dagegen ist es bei dei der Stromdichte so, dass elektrische Ströme zur Ausbildung von magnetischen Feldern führen. Während ϱ eine skalare Größe ist, handelt es sich bei um eine vektorielle Größe.
Diese vier Größen zusammen sind ein Gegenstück zu den drei Raumdimensionen und der einen Zeitdimension. Im tensoriellen Formalismus wird dies in einen „Viererstrom” zusammengefasst.
Wie hängt jetzt die Stromdichte mit der Geschwindigkeit der Ladungsträger in einem Leiter zusammen?
Grafik (wird später eingefügt)
Hierzu kann man sich einen dünnen zylindrischen Leiter denken, mit einem entsprechenden Querschnitt. Auf der Querschnittsfläche liegt ein Flächenvektor , dessen Länge dem Flächeninhalt entspricht, wobei er senkrecht auf die Querschnittsfläche in Richtung des Leiters zeigt. Und dann gibt es noch parallel dazu den Geschwindigkeitsvektor der Ladungsträger , die durch den Leiter hindurchfließen.
Wie stellt sich der Zusammenhang im Detail dar?
n ist die Anzahl der Ladungen q pro Volumeneinheit
ist die Geschwindigkeit der Ladungen
ist der Vektor der Querschnittsfläche
Damit ergibt sich zunächst für die Stromstärke:
n · q ist die Ladungsdichte ϱ
·
ist das Volumen pro Zeit
Insofern lässt sich auch schreiben:
Denn wenn konstant ist, kann man es
vor das Integral setzen, oder so wie formuliert ausdrücken.
Demnach entspricht:
Somit wird die Stromdichte definiert als:
Auf diese Weise kommt man zu einer einfachen Darstellung für die Stromdichte.
Wie schnell bewegen sich nun die Ladungsträger in einem Stromleiter, beispielsweise einem dünnen Kupferdraht?
Nehmen wir folgende Werte an (Kupferdraht):
Damit ergibt sich:
q ist entspricht der Elementarladung e
Damit lässt sich obige Beziehung umschreiben:
Daraus ergibt sich:
Das ist im Grunde eine sehr langsame Geschwindigkeit.
Warum hat man dennoch das Empfinden, dass der Strom durch die Leitung schießt? Nun, der Leiter ist voll von diesen Elektronen. Und wenn ein Feld angelegt wird, breitet sich das Feld rasch aus. Die Elektronen bewegen sich praktisch alle gleichzeitig.
Man kann davon ausgehen, dass Ladungen nicht erzeugt oder vernichtet werden, sondern nur getrennt werden können. Die „Erhaltung der Ladung” ist so etwas Ähnliches wie die Erhaltung der Masse. Bei der Hydrodynamik war es so, dass man aus der Erhaltung der Masse eine Kontinuitätsgleichung hergeleitet hat. Zwischen der Massendichte in dem strömenden Fluid und dem Vektor . Hier steht dieser Vektor für die Massenstromdichte.
Genau das Gleiche kommt jetzt zum Tragen. Es wird einerseits die Ladungsdichte und
andererseits die Stromdichte miteinander in Beziehung gesetzt. Das heißt,
aus der Erhaltung der Ladung muss sich eine Beziehung zwischen
Dazu betrachtet man ein gewisses Volumen V. Und in diesem Volumen gibt es die Ladungsträger Q.
Das bedeutet, aus dem Volumen heraus, quasi durch die Oberfläche des Volumens hindurch, tritt eine Ladung aus. Und die Ladung, die pro Zeiteinheit heraustritt ist der elektrische Strom:
Wenn aber nun etwas herausströmt, dann ist zwangsläufig nachher weniger drin.
Für die Ladungserhaltung gilt daher:
Der herausfließende Strom führt somit zu einer Verringerung der Ladung.
Jetzt möchten wir diese integrale Beziehung in eine differentielle Beziehung umsetzen:
Im vorliegenden Fall wurde ein partielles Differentiationszeichen verwendet, weil die Ladungsdichte ϱ nicht nur von der Zeit, sondern auch von den Ortskoordinaten abhängig ist. Wir schauen uns hier aber nur die Ableitung nach der Zeit an.
Obiges Flächenintegral lässt sich mithilfe des Gauß'schen Integralsatzes umformen:
Damit erhält man:
Oder es ergibt sich entsprechend:
Das ist die gleiche Herleitung wie in der Hydrodynamik, und wird auch als die
„Kontinuitätsgleichung” bezeichnet. Mit dieser Beziehung wird der Zustand der
Ladungserhaltung beschrieben. Denn wenn es eine gewisse Quellstärke aus einem
Volumen heraus gibt, dann wird die Dichte in dem Volumen zurückgehen. Die
Ladungserhaltung ist eine Konsistenzbeziehung zwischen
Wenn wir später die Konsistenz der Maxwell-Gleichungen betrachten, werden wir auf obige Beziehung zurückgreifen. Denn erst in einer dieser Maxwell-Gleichungen werden wir auf einen Zusatzterm stoßen, den sogenannten „Maxwell'schen Verschiebungsstrom”, der letztlich die Existenz elektromagnetischer Wellen ermöglicht.
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