Wie wir im vorherigen Kapitel betrachtet haben, versteht man unter der Divergenz einen bestimmten „Differentialoperator”. Dieser Operator gibt letztlich die „Quelldichte” an. Also, wenn man ein kleines Volumen in einem elektrischen Feld betrachtet kann man ermitteln, wie groß der Fluss dieses elektrischen Feldes aus dem Volumen heraus, durch die Oberfläche dieses Volumens hindurch, nach außen ist. Und dieser Fluss pro Volumeneinheit ist quasi die Quelldichte bzw. Divergenz.
Und damit erhält diese Gleichung eine äußerst anschauliche Bedeutung nämlich, dass die Quelldichte des elektrischen Feldes bis auf den Faktor ε₀ (eine universelle Konstante) gleich der Ladungsdichte in dem betrachteten Raum ist. Somit stehen Ladungen und elektrische Felder in einem engen Verhältnis zueinander. Denn die Ladungen sind die Quellen des elektrischen Feldes.
Nun ist man aber auch daran interessiert, bei vorgegebenen Ladungsdichteverteilungen die zugehörigen elektrischen Felder zu berechnen. Dazu ist es allerdings sinnvoll, dieses elektrische Feld auf ein Potential zurückzuführen.
Hierzu wollen wir zunächst die „potentielle Energie” betrachten. Es geht zu Beginn um die Frage, was ist die potentielle Energie einer Probeladung q in einem elektrischen Feld. Bei den Kräften in der Mechanik war es so, dass man die potentielle Energie nur dann sinnvoll einführen konnte, wenn man sich auf ein konservatives Kraftfeld bezieht. Für nicht konservative Kräfte ist die Einführung einer potentiellen Energie nicht möglich.
Elektrische Felder sind aber im Allgemeinen keine konservativen Kraftfelder. Nur in der Elektrostatik sind die elektrischen Felder konservativ, und deshalb lassen sich ein elektrisches Potential und eine potentielle Energie einer Probeladung einführen. Wenn man dagegen zeitabhängige Felder betrachtet, zum Beispiel bei Induktionsvorgängen, treten dort elektrische Felder auf, die nicht konservativ sind.
Die potentielle Energie an einem bestimmten Punkt in diesem elektrischen Feld ist, genauso wie in der Mechanik, nichts anderes, als die Arbeit die verrichtet werden kann, wenn man die Probeladung zu einem fest gewählten Bezugspunkt P₀ hin bewegt. Die potentielle Energie eines Körpers in einem Kraftfeld ist somit die Arbeit, die verrichtet werden kann, wenn dieser Körper von dort, wo er ist, sich zu dem Bezugspunkt bewegt.
Beide Schreibweisen sind möglich, je nachdem, ob die Arbeit erst vorrichtet werden muss, oder bereits verrichtet wurde. Denn im zweiten Fall muss eine Gegenkraft berücksichtigt werden. Der Bezugspunkt P₀ wird oft im Unendlichen gewählt, weil sich das Integral sonst nicht anschaulich ausrechnen lässt.
Für eine Punktladung einer felderzeugenden Ladung Q ergibt sich daher:
Also, der Punkt P liegt im Abstand R von der felderzeugenden Ladung Q, und man betrachtet die potentielle Energie in diesem Feld. Und für die Kraft wurde die Beziehung für die Feldstärke eingesetzt.
Für die potentielle Energie der Probeladung q im Abstand R bleibt übrig:
Zur Erklärung: Es wurde 1 /r² integriert und damit ist −1 /r herausgekommen. Dann haben wir den Hauptsatz der Integralrechnung angewendet, nämlich die Stammfunktion an der oberen Grenze minus der Stammfunktion an der unteren Grenze
Betrachtet man gleichnamige Ladungen, erhält man nachfolgendes Diagramm:
Diagramm (wird später eingefügt)
Der Verlauf einer solchen gleichnamigen Probeladung verläuft hyperbolisch,
proportional zu
Betrachtet man dagegen ungleichnamige Ladungen, erhält man nachfolgendes Diagramm:
Diagramm (wird später eingefügt)
Der Verlauf einer solchen ungleichnamigen Probeladung verläuft auch hyperbolisch,
aber proportional zu
Nun definieren wir uns eine Größe, die uns durch die ganze Elektrodynamik hindurch begleiten wird. Und zwar die „elektrische Spannung”.
Wenn man ein elektrisches Feld hat, das kann zum Beispiel ein Feld einer Punktladung sein oder irgendein anderes Feld im inneren eines Kondensators, dann ist es oft sinnvoll, zwei Punkte darin zu betrachten. An einem der beiden Punkte befindet sich die Probeladung q. Jetzt geht es darum, welche Arbeit verrichtet werden muss, um diese Probeladung von einem Punkt zum anderen Punkt zu bewegen. Denn das ist eine wichtige Größe zur Beschreibung des elektrischen Feldes. Daher nennt man die Arbeit, bezogen auf die Ladungseinheit, die „elektrische Spannung”.
Die elektrische Spannung U zwischen zwei Punkten ist definiert als:
Da die Probeladung konstant ist, kann man sie in das Integral hineinziehen, und man bezieht sich damit auf die elektrische Feldstärke:
Die elektrische Spannung ist die Arbeit, die in einem elektrischen Feld verrichtet wird, wenn man die Ladung von einem Punkt zu einem anderen bewegt, und zwar pro Ladungseinheit. Damit ist die Feldstärke die Kraft pro Ladungseinheit.
Um das jetzt aus Sicht der Elektrostatik umformen zu können, muss man auch die potentielle Energie V auf die Ladungseinheit beziehen. Und das nennt man dann das „elektrische Potential”.
Das „elektrische Potential” ist dann nichts anderes als die potentielle Energie pro Ladungseinheit:
Was bedeutet das? Wenn man sich in einem konservativen elektrischen Feld befindet, wie das beispielsweise in der Elektrostatik der Fall ist, dann erhält man damit einen Ausdruck für die Spannung. Doch zunächst nochmals die Definition die immer gilt, auch für nicht konservative elektrische Felder (siehe oben):
Um dieses Intergral umformen zu können, muss man es zunächst anders aufschreiben.
Grafik (wird später eingefügt)
Da es bei konservativen elektrischen Feldern keine Rolle spielt, auf welchem Weg man beide Punkt miteinander verbindet, kann man auch einen Umweg über P₀ wählen. Dann sieht das Integral wie folgt aus:
Wenn man nun entsprechend einsetzt, und ein Vertauschen der Grenzen im Integral vornimmt, erhält man:
Somit ist die Spannung eine Potentialdifferenz zwischen zwei Punkten bzw. die Differenz der Potentialwerte in diesen beiden Punkten. Das gilt aber nur für konservative elektrische Felder.
Bei Induktionsvorgängen mit zeitabhängigen elektrischen und magnetischen Feldern ist das nicht mehr der Fall. Dort treten nämlich elektrische Wirbelfelder auf. Dann lässt sich das nicht mehr als Potentialdifferenz darstellen. In einem Wirbelfeld ist eine potentielle Energie nicht definierbar.
Die Einheit für die Spannung ist:
Die ganzen vorgenannten Überlegungen dienen letztlich dazu, die Maxwell-Gleichung lösen zu können.
Aber zuvor muss man noch einen Zusammenhang herstellen, zwischen der Feldstärke und dem Potential. Da gibt es nämlich noch eine einfachere Vorgehensweise, elektrische Felder zu beschreiben.
Aus der Mechanik weiß man, dass die Kraft gleich dem negativen Gradienten der potentiellen Energie ist:
Nun kann man beide Seiten auf die Ladungseinheit beziehen. Kraft pro Ladungseinheit ist die „elektrische Feldstärke”. Potentielle Energie pro Ladungseinheit ist das „elektrische Potential”:
Daraus folgt:
Wenn man also ein elektrostatisches Feld betrachtet, benötigt man drei Komponenten der elektrischen Feldstärke als Ortsfunktion. Wenn diese bekannt sind, lässt sich das entsprechende Potential ermitteln. Und daraus ergibt sich, dass man nur noch eine skalare Funktion (Größe) als Ortsfunktion kennen muss. Und wenn man dann den Gradienten bildet, erhält man das gesamte elektrische Feld.
Damit benötigt man nicht mehr ein ganzes Vektorfeld zu Ermittlung der elektrischen Feldstärke, sondern es reicht schon ein skalares Feld aus.
Die Einheit für die elektrische Feldstärke ist:
Hinweis: Bei der Einheit schreibt man die Längeneinheit m, weil der Gradient nach einer Längengröße differenziert wird.
Wenn man das ϕ (phi) als Ortsfunktion kennt, erstellt man die drei partiellen Ableitungen, und erhält damit die drei Komponenten des Gradienten. Und −grad (s.o.) ist dann bereits der elektrische Feldstärkevektor.
Das Potential ϕ hängt natürlich von der Wahl des entsprechenden Bezugspunktes ab. Denn wenn man den Bezugspunkt ändert, verändert sich auch die potentielle Energie oder allgemein das Potential um einen festen, konstanten Betrag. Das hat aber auf den Gradienten keine Auswirkungen. Denn da geht es nur um die Ableitungen nach den Ortskoordinaten. Wenn sich das Potential ϕ um einen konstanten Term verändert, fällt dieser beim Differenzieren weg, und das entspricht dann dem Wert Null, und daher ändert das nichts an der elektrischen Feldstärke.
Wenn man das jetzt zum Beispiel auf das Feld einer Ladung Q (Spezialfall) anwendet, dann ergibt sich:
Auch hier liegt der Bezugspunkt im Unendlichen. Denn wenn man mit dem Abstand r Richtung unendlich geht, dann geht auch das Potential gegen Null .
Dementsprechend erhält man einen Ausdruck für die Spannung zwischen zwei Punkten in einem elektrischen Feld der Ladung Q bezüglich obiger Spannungsdefinition:
Und damit erhält man eine leicht anwendbare Formel. Es kommt somit letztlich nur noch auf die Abstände der Punkte im Feld der Punktladung an.
Was heißt das konkret für die Maxwell-Gleichung? Wenn man das grad ϕ entsprechend einsetzt, erhält man:
Was ist aber die Divergenz eines Gradienten? Nun, der Gradient bezieht sich hier auf eine skalare Größe. Daraus ergibt sich ein Vektor. Und die Divergenz bezieht sich wiederum auf ein Vektorfeld. Und daraus wird wieder ein Skalar.
Wenn man das ausrechnet, erhält man:
Und das ist nichts anderes als der „Laplace-Operator” in drei Dimensionen:
Und damit erhält man zusammenfassend die sogenannte „Poisson-Gleichung”:
Das ist eine ganz wichtige Grundgleichung der Elektrostatik.
Diese Gleichung hat einen großen Vorteil gegenüber der Maxwell-Gleichung. Das gilt zwar zunächst alles nur dort, wo man einfache skalare Potentiale einführen kann. Und zusätzlich muss man ein konservatives elektrisches Feld voraussetzen. Aber diese Gleichung ermöglicht es, bei vorgegebenen Ladungsdichten eine skalare Ortsfunktion als Lösung zu ermitteln.
Man kann jetzt für die unterschiedlichsten Anfangsbedingungen und Ladungsverteilungen die zugehörigen Potentiale ausrechnen. Anschließend benötigt man nur noch den Gradienten von dem jeweiligen Potential, und man erhält bereits die elektrische Feldstärke für die jeweilige Situation.
Und wenn man einen ladungsfreien Raum hat, schrumpft die Grundgleichung auf die „Laplace-Gleichung” zusammen:
Nach dieser Gleichung ist obiger Laplace-Operator bezeichnet worden. Beide Gleichungen sind die Grundgleichungen in der Elektrostatik.
Ein elektrisches Feld einer einzelnen positiven Ladung stellt sich wie folgt dar:
Grafik (wird später eingefügt)
Man sieht die radial nach außen laufenden Feldlinien und bei einer positiven Ladung sind die Feldstärkevektoren nach außen gerichtet. Die konzentrischen Kugeln (gestrichelt) sind sogenannte Äquipotentialflächen in der Umgebung einer solchen felderzeugenden Punktladung. Denn das Potential ist nur vom Abstand r abhängig. Man spricht auch von Niveauflächen des elektrischen Potentials.
Das gleiche gilt auch für eine negative Ladung, nur dass die Feldstärkevektoren jetzt nach innen gerichtet sind.
Grafik (wird später eingefügt)
Bei entgegengesetzten gleichgroßen Ladungen wird das ganze schon etwas komplizierter:
Grafik (wird später eingefügt)
Wegen der Linearität der Grundgleichungen werden sich bei mehr Ladungen die Felder überlagern. Und wenn man dann einen Feldanteil von der einen Ladung und von der anderen Ladung auf eine Probeladung hat, dann wird die Vektorsumme zur Gesamtsumme der Kraft pro Ladungseinheit und damit der elektrischen Feldstärke.
Die Feldlinien sind als Tangentialkurven an die Feldstärkevektoren eingetragen. Und die Äquipotentialflächen verlagern sich etwas bzw. sind nicht mehr konzentrisch, sondern seitlich verschoben.
Als letztes Beispiel sehen wir zwei gleich große positive Punktladungen:
Grafik (wird später eingefügt)
Die Feldlinien stoßen sich jetzt gegenseitig ab. Und die Äquipotentialflächen bilden sich zu einer Schleife (∞) aus. Doch im Allgemeinen hat man es mit vielen Ladungen zu.
Bei einem System bestehend aus vielen Ladungen, kann man das Potential für eine Ladungswolke aus vielen einzelnen Punktladungen einfach als Summe über lauter Potentiale von den einzelnen Ladungen aufschreiben:
In diesem Fall muss man über alle Ladungen Q aufsummieren. Und man erhält dann eine Summe über das ganze Volumen V. Zusätzlich wird durch den Abstandsvektor am Punkt P dividiert. Das ist im Wesentlichen nichts anderes als der Betrag zwischen dem Ortvektor des Punktes P und den Ortsvektoren der einzelnen Ladungen.
Mit einer derartigen Darstellung kann man grundsätzlich auf der Basis der Poisson-Gleichung auch Felder von ganz allgemeinen Ladungsverteilungen berechnen.
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