Wie wir gesehen haben, führt das Vorhandensein von nichtleitenden Medien in einem elektrischen Feld zu Veränderungen. Aufgrund der Dipoleigenschaften der Moleküle richten sich diese, unter der Einwirkung eines äußeren elektrischen Feldes, entsprechend aus.
Durch das dielektrische Medium wird die elektrische Feldstärke um einen gewissen Faktor reduziert. Wobei die Größe dieses Faktors je nach Medium sehr unterschiedlich ist.
Nachfolgend sind einige dieser relativen Dielektrizitätskonstanten, um die das Feld reduziert wird, aufgeführt:
Tabelle (wird später eingefügt)
Somit hat die Anwesenheit von Luft zwischen den Kondensatorplatten praktisch keine Auswirkungen. Diese Werte sind einerseits temperaturabhängig und vor allem frequenzabhängig. Wenn man im Gegensatz dazu elektromagnetische Felder betrachtet, können diese Werte erheblich voneinander abweichen. Da wir uns noch in der Elektrostatik bewegen, sind das alles natürlich statische Werte.
Bei dem Plattenkondensator wurde nicht primär das Feld gemessen, sondern die elektrische Spannung. Bei der Herstellung von Kondensatoren, in denen Materialien mit einer hohen Dielektrizitätskonstante verbaut sind, entspricht das dem Faktor, um den die Kapazität größer wird. Und wenn man zusätzlich die Distanz zwischen den Platten möglichst klein hält, wird die Kapazität zusätzlich erhöht.
Jetzt werden wir uns konkret den „freien Ladungen” zuwenden.
Wir gehen also zunächst von einem elektrischen Feld aus, in welchem sich ein materielles dielektrisches Medium befindet.
Anfänglich betrachtet man die Situation so, als gäbe es in dem System kein Dielektrikum. Damit bleiben die Polarisationsladungen vorerst außen vor, und wir betrachten nur die freien Ladungen. Dies sind in unserem Beispiel die Ladungen auf den Kondensatorplatten. Wir blenden das Dielektrikum quasi einfach aus.
Für den Vakuum-Kondensator gilt dann die „erste” der vier Maxwell-Gleichungen:
ϱ ist die Dichte der freien Ladungen
Damit man aber nicht immer vac hinschreiben muss, definiert man sich einen weiteren Feldvektor neben dem , nämlich . Unter diesem Vektor versteht man die „dielektrische Verschiebung”. Wenn man von der dielektrischen Verschiebung spricht, ist damit das Durchtreten von elektrischen Feldern durch Grenzflächen gemeint.
Die rein formale Definition lautet:
Es handelt sich hierbei um einen Repräsentanten des Vakuumfeldes.
Wenn man jetzt obige Maxwell-Gleichung umstellt und entsprechend einsetzt, ergibt sich:
Somit rührt die dielektrische Verschiebung von den freien Ladungen her. Die freien Ladungen sind somit die Quellen der dielektrischen Verschiebung.
Jetzt blenden wir das Dielektrikum wieder ein. Aufgrund der Polarisationsladungen ist das Feld um den Faktor εr kleiner als im Vakuum:
Weil das Vakuumfeld repräsentiert, bleibt die dielektrische Verschiebung unverändert. Und daraus ergibt sich folgender Zusammenhang:
ε₀ ist elektrische Feldkonstante
εr ist die relative Dielektrizitätskonstante
Und das nennt man der Einfachheit halber verkürzt:
Damit entspricht diese Gleichung jetzt einer Materialgleichung.
ε ist allgemein die Dielektrizitätskonstante
Warum geht man so vor?
Da als Repräsentant des Vakuumfeldes immer unverändert bleibt, spielt es keine Rolle ob ein Medium vorhanden ist oder nicht. Möchte man aber die elektrische Feldstärke ausrechnen, benötigt man grundsätzlich eine Materialgleichung. Allerdings müssen hierbei zunächst die Polarisationsladungen nicht explizit betrachtet werden.
Wenn nun aber keine freien Ladungen vorhanden sind, also
In diesem Fall ist das Feld „quellfrei”. Damit gilt zwangsläufig:
Das trifft allerdings nur dann zu, wenn ein homogenes Medium vorhanden ist.
Wenn dagegen eine Grenzfläche vorhanden ist, wird die relative Dielektrizitätskonstante εr raumabhängig bzw. ortsabhängig sein. Und dann gilt für ein inhomogenes Medium:
Damit ergibt sich allgemein für vorhandene Grenzflächen:
Und das bedeutet wiederum, dass es in dem System Bereiche gibt, bei denen die -Linien entspringen oder enden, und zwar dort, wo sich die Polarisationsladungen befinden.
Was ist zu beobachten, wenn man Felder betrachtet, die durch ebene Grenzflächen, bestehend aus verschiedenen Dielektrika, hindurchtreten? Also wenn diese hintereinander angeordnet sind. Und was für Bedingungen gibt es an „ebenen” Grenzflächen? Hierzu betrachten wir zwei Fälle.
Im ersten Fall soll die Feldrichtung „senkrecht” zur Grenzfläche verlaufen. Es wird zwar wieder Polarisationsladungen geben, aber es seien dort keine freien Ladungen in der Grenzfläche vorhanden.
Dann ergibt sich:
Somit ist der elektrische Fluss aus einer geschlossenen Fläche heraus gleich Null.
Grafik (wird später eingefügt)
Wenn man seitlich auf eine solche Grenzfläche draufschaut, dann gibt es zum
Beispiel oberhalb ein elektrisches Feld mit einer Dielektrizitätskonstante
ε₁, und unterhalb sei ein elektrisches Feld
mit einer Dielektrizitätskonstante ε₂.
Nun betrachten wir an der Grenzfläche einen kleinen Zylinder, der die
Grenzfläche durchdringt. Dann wird in diesem Fall ein
senkrecht von oben auf die
Zylinderfläche auftreffen und unten wieder heraustreten. Von der
Deckfläche des Zylinders weg wirkt zusätzlich entgegengesetzt ein
Flächenvektor
d₁
und von der Bodenfläche weg ein weiterer Flächenvektor
d₂. Dann ist
Demnach gilt folgende Beziehung:
Daraus ergibt sich:
Der Verschiebungsvektor wird sich nicht ändern, wenn das elektrische Feld senkrecht zur Grenzfläche liegt. Somit ist die Normalkomponente der dielektrischen Verschiebung durch eine Grenzfläche hindurch stetig, also sie ändert sich nicht.
Das bedeutet für das elektrische Feld und deren Feldkonstanten:
Nach Umformung erhält man:
Also, das elektrische Feld ändert sich, während die dielektrische Verschiebung unverändert bleibt.
Im zweiten Fall, den wir betrachten, verläuft die Feldrichtung „parallel” zur Grenzfläche.
Hier kann man voraussetzen, dass das elektrische Feld statisch ist und damit konservativ. Daher gilt für das Ringintegral:
Grafik (wird später eingefügt)
Wir schauen wieder seitlich auf die Grenzfläche, bei der sich oberhalb ein elektrisches Feld mit einer Dielektrizitätskonstante ε₁ befindet, und unterhalb ein elektrisches Feld mit einer Dielektrizitätskonstante ε₂. Nun betrachten wir an der Grenzfläche eine geschlossene Kurve, welche die Form eines flachen Rechtsecks darstellt, und die Grenzfläche durchdringt. In diesem Fall verlaufen die elektrischen Felder oberhalb und unterhalb der Grenzfläche parallel zu dieser Grenzfläche. Die Flächenvektoren verlaufen auch entsprechend parallel, wobei der Flächenvektor d₁ oberhalb der Grenzfläche gleichgerichtet mit dem elektrischen Feld verläuft, und der Flächenvektor d₂ unterhalb der Grenzfläche entgegengesetzt zum elektrischen Feld.
Damit werden sich die Flächenvektoren
Daraus ergibt sich letztlich:
Hier ist jetzt die Parallelkomponente des elektrischen Feldes, sprich des Feldstärkevektors, längs einer Grenzfläche „stetig”, also sie ändert sich nicht.
Das bedeutet für die dielektrische Verschiebung :
Nach Umformung erhält man:
Hier ist die dielektrische Verschiebung „nicht stetig”.
Hier haben wir also zwei unterschiedliche Verhaltensweisen bei elektrischen Feldern an der ebenen Grenzfläche von zwei beieinander liegenden Dielektrika betrachtet.
Übertragen wir diese Überlegungen nochmals auf unseren Plattenkondensator.
Grafik (wird später eingefügt)
Das -Feld mit seiner dielektrischen Verschiebung hat seine Quellen nur in den „freien” Ladungen. Die Polarisationsladungen führen dazu, dass das elektrische Feld zum Teil im Dielektrikum endet und nur teilweise wieder entspringt bzw. heraustritt.
Im dritten und letzten Fall liegt das Feld schräg zur Grenzfläche.
Grafik (wird später eingefügt)
Auch hier schauen wir wieder seitlich auf die Grenzfläche, bei der sich oberhalb ein elektrisches Feld mit einer Dielektrizitätskonstante ε₁ befindet, und unterhalb ein elektrisches Feld mit einer Dielektrizitätskonstante ε₂. Die dielektrischen Verschiebungsvektoren stehen wieder senkrecht auf die Grenzfläche und gleichen sich im Betrag. Aber die parallel verlaufenden Verschiebungsvektoren können durchaus verschiedene Beträge aufweisen. Dadurch kommt es zu einer Brechung der Feldlinien mit unterschiedlichen Brechungswinkeln.
Für die -Linien bedeutet das:
Das Verhältnis stellt sich dann wie folgt dar:
Da die Normalkomponenten von aber stetig sind, fallen diese weg, und es bleibt nur noch stehen:
Und das ist das Brechungsgesetz für die -Linien.
Im Gegensatz dazu sieht die Beziehung für die -Linien etwas anders aus.
Grafik (wird später eingefügt)
Erneut schauen wir seitlich auf die Grenzfläche, bei der sich oberhalb ein elektrisches Feld mit einer Dielektrizitätskonstante ε₁ befindet, und unterhalb ein elektrisches Feld mit einer Dielektrizitätskonstante ε₂. Die Parallelkomponenten der an der Grenzfläche anliegenden Feldvektoren haben den gleichen Betrag. Wogegen die senkrecht auf der Grenzfläche stehenden Komponenten -Normal des elektrischen Feldes unterschiedliche Beträge haben. Auch hier kommt es wieder zu einer Brechung der Feldlinien mit unterschiedlichen Brechungswinkeln.
Für die -Linien bedeutet das:
Das Verhältnis stellt sich dann wie folgt dar:
Da aber die Normalkomponenten von stetig sind, fallen diese weg, und es bleibt nur noch stehen:
Und damit erhält man ein ähnliches Brechungsgesetz für die -Linien.
Dennoch gibt es einen wesentlichen Unterschied:
Die -Linien treten immer dann durch
das Dielektrikum hindurch, wenn es keine freien Ladungen gibt.
Wogegen die -Linien an den
Grenzflächen entstehen oder enden, weil sich dort die Polarisationsladungen
befinden.
Der -Vektor beschreibt also die Ladungsverschiebungen. Deshalb spricht man auch von „dielektrischer Verschiebung”.
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