In diesem Bereich wenden wir uns einem weiteren interessanten und spannenden Gebiet der klassischen Physik zu. Neben der Mechanik, die wir in einem anderen Bereich behandelt haben, ist die Elektrostatik und auch die Elektrodynamik nicht nur in unserem Alltag allgegenwärtig, sondern sie spielt auch eine wesentliche Rolle bei der Beschreibung des Universums und dessen Aufbaus.
Die Elektrostatik ist ein Teilgebiet der Physik, welches sich mit ruhenden elektrischen Ladungen, Ladungsverteilungen und den elektrischen Feldern geladener Körper befasst. Die Phänomene der Elektrostatik beruhen auf Kräften, die elektrische Ladungen aufeinander ausüben. Diese Kräfte werden mit dem sogenannten „Coulomb'schen Gesetz” beschrieben. Im Grunde ist die Elektrostatik ein Spezialfall der Elektrodynamik.
Im Umkehrschluss ist die klassische Elektrodynamik ebenfalls ein Teilgebiet der Physik, welches sich mit bewegten elektrischen Ladungen und mit zeitlich veränderlichen elektrischen und magnetischen Feldern beschäftigt. Die zugrundeliegende Grundkraft heißt in diesem Fall „Elektromagnetische Wechselwirkung”.
Bei der Elektrodynamik spricht man auch von einer „Feldtheorie”, die sich in der Praxis sehr gut bewährt hat. Mittels der Elektrodynamik lässt sich ein sehr großer Bereich von Erscheinungen beschreiben. Dabei spielen in Summe nur wenige Grundgleichungen eine tragende Rolle. Das sind zum einen die „Maxwell-Gleichungen” zusammen mit der „Lorenzkraft”. Obwohl hierbei auch partielle Differentialgleichungen eine Rolle spielen, basieren diese dennoch auf einfachen physikalischen experimentellen Beobachtungen. Mit diesen experimentellen Ergebnissen lassen sich einfache mathematische Aussagen formulieren.
Bevor wir tiefer in das Thema eintauchen, werden wir im nächsten Kapitel kurz die Elektrostatik voranstellen, und dort eine Reihe von wichtigen Grundbegriffen für die Elektrodynamik kennenlernen, wie zum Beispiel die „elektrische Feldstärke”, das „Potenzial” und die „Spannung”.
Die Elektrodynamik ist die Theorie von der elektromagnetischen Wechselwirkungskraft. Bis sich diese Theorie im Laufe der Jahrhunderte durchgesetzt hatte, machte man zunächst nur Erfahrungen mit elektrischen Kräften. So ergaben sich bei der Verwendung von „Magneteisenstein” Effekte, die schrittweise zu einer Vereinheitlichung geführt haben. Dies führte schließlich dazu, dass man alle elektrischen und magnetischen Erscheinungen in der Elektrodynamik mit Hilfe der vier „Maxwell-Gleichungen” zusammengefasst hat.
Darüber hinaus gibt es noch eine zweite makroskopische Wechselwirkungskraft
mit unendlicher Reichweite, und zwar die „Gravitations-Wechselwirkungskraft”.
Eine umfassendere Theorie der Gravitation ist recht kompliziert. Insofern beschränkt man
sich im Allgemeinen darauf, dass man hierbei Punktmassen betrachtet, die sich mit dem
Newton'schen Gravitationsgesetz und ihrer Wechselwirkung beschreiben lassen.
Möchte man der Sache allerdings näher auf den Grund gehen, kommt man nicht an einer
Beschreibung mittels der
Neben den vorgenannten Kräften gibt es noch die schwache Wechselwirkung und die starke Wechselwirkung. Beide sind nur auf den Kernbereich von Atomen beschränkt, also Distanzen von der Größenordnung eines Atomkerns. Diese beiden Wechselwirkungen halten die Atomkerne im Inneren zusammen und haben keine Auswirkungen auf größere Distanzen. Wir werden uns aber in dieser Abhandlung vor allem auf die elektromagnetische Kraft konzentrieren.
Dennoch erhebt sich eine Grundsatzfrage. Welche der beiden Kräfte ist stärker, die Gravitation oder die elektromagnetische Wechselwirkungskraft? Um beide miteinander zu vergleichen, kann man zwei Protonen betrachten, die eine gewisse Masse und eine Ladung haben, nämlich die elektrische Elementarladung. Anschließend wird verglichen, wie stark ihre Wechselwirkungskraft aufgrund der elektrischen Ladung ist und wie groß ihre Wechselwirkungskraft aufgrund ihrer Massenanziehung ist.
Dabei stellt sich heraus, dass deren Masse bei der Wechselwirkung zwischen zwei Protonen nur sehr wenig ausmacht. Es ist vielmehr der elektromagnetische Anteil, der mit einem Unterschied von mehreren Zehnerpotenzen zu Buche schlägt. Der Faktor zwischen der Stärke der Gravitations-Wechselwirkung und der elektromagnetischen liegt bei 10²⁶. Obwohl die Gravitation so schwach ist, spielt sie dennoch für uns auf der Erde eine wesentliche Rolle. Denn bei der massereichen Erde spürt man wieder deren Auswirkungen. Hier ist es nicht die elektromagnetische Wechselwirkung, sondern die Gravitations-Wechselwirkung, die uns am Boden hält. Die elektromagnetische Wechselwirkung ist nach heutigem Verständnis, obwohl sie so stark ist, zwischen den Himmelskörpern im Weltall vernachlässigbar.
Der Grund liegt darin, dass diese beiden Wechselwirkungskräfte einen ganz entscheidenden Unterschied aufweisen. Die Gravitations-Wechselwirkung ist immer anziehend, während die elektromagnetische Wechselwirkung sowohl anziehend als auch abstoßend sein kann. Je nach Vorzeichen der elektrischen Ladungen.
Aufgrund dessen kommt es dazu, dass in den Himmelskörpern, die aus sehr vielen Teilchen bestehen, sich diese positiven und negativen Ladungen weitestgehend kompensieren. Nur so lässt sich erklären, warum es bei den Himmelskörpern zu keinen nennenswerten elektromagnetischen Wechselwirkungen kommt. Und somit bleiben nur die Gravitations-Wechselwirkungen übrig.
Wenn man dagegen vom kosmischen Bereich absieht, sind die elektromagnetischen Wechselwirkungen im Alltag äußerst wichtig. Sie bestimmen praktisch unser gesamtes Leben. Die Kräfte, welche die Stoffe zusammen halten, bzw. die Wechselwirkungskräfte der Moleküle, sind letzten Endes alles elektromagnetische Kräfte. Und so hat man schließlich herausgefunden, dass die elektromagnetischen Kräfte keine augenblickliche Fernwirkung ermöglichen.
Würde man beispielsweise an irgendeiner Stelle eine Ladung platzieren, wird nicht automatisch in beliebigen Distanzen sofort eine Kraftwirkung entstehen. Es wird vielmehr nur eine Nahwirkung hervorrufen, die sich mit endlicher Geschwindigkeit ausbreitet und schließlich weiter entfernte Bereiche beeinflusst. Somit kann die elektromagnetische Kraft als „Nahwirkungskraft” bezeichnet werden.
Wenn sich daher elektrische Ladungen irgendwo in einem Raumbereich befinden, rufen diese quasi einen Erregungszustand in dem sie umgebenden Raum hervor. Das lässt sich sogar im Vakuum beobachten. Dieser Erregungszustand breitet sich ebenfalls mit endlicher Geschwindigkeit aus. Aufgrund dieses Erregungszustandes wird an einer anderen Stelle auf eine andere Ladung eine Kraftwirkung ausgeübt.
Anfänglich ist man zunächst davon ausgegangen, dass es eigentlich ein Trägermedium geben müsste, so wie bei der Schallausbreitung die Luft ein Trägermedium für die Longitudinalwellen ist. Demnach müssten sich elektromagnetische Felder ebenfalls in einem Trägermedium ausbreiten. Doch die Annahme eines solchen Äthers führt zu Widersprüchen. Und so gab es ein wichtiges Experiment von Michelson und Morley 1881 sowie 1887, wo man nachweisen wollte, in welcher Weise die Erde auf ihrem Weg um die Sonne beeinflusst wird. Es müsste nämlich eine Relativgeschwindigkeit der Erde bei der Ausbreitung von elektromagnetischen Wellen geben. Da man aber nichts dergleichen gefunden hat, musste man dieses Konzept des Trägermediums wieder fallen lassen.
Aufgrund dessen, dass man Licht dennoch als elektromagnetische Welle auffassen kann, aber offensichtlich ohne Lichtäther auskommt, entwickelte Albert Einstein die „Spezielle Relativitätstheorie”. Somit ist das heutige Verständnis der Relativitätsmechanik zurückzuführen auf die Erkenntnisse der Elektrodynamik, die letztlich sogar Einfluss auf die Quantenmechanik hat.
Gegenwärtig spricht man in der Umgebung von Ladungen von einem „elektromagnetischen Feld”. Und dieses Feld beschreibt den Erregungszustand des Raums. Oder anders ausgedrückt, bei der elektromagnetischen Wechselwirkung wird zwischen der einen Ladung, die dann in Wechselwirkung mit einer anderen Ladung steht, das Feld zwischengeschaltet. Insofern führen Ladungen und Ströme zu einem elektromagnetischen Feld, welches seinerseits Kräfte auf andere Landungen oder Ströme ausübt.
Die ganze Elektrodynamik ist so konzipiert, dass man aufgrund vorgegebener Ladungen und Stromverteilungen ein elektromagnetisches Feld bestimmt, indem man zur Berechnung die Maxwell-Gleichungen verwendet. Dieses Feld wird dann beschrieben durch elektrische und magnetische Feldvektoren, wobei sich die Frage ergibt, wie groß die Kraft auf andere Ladungen und Ströme ist, die sich in dem Feld befinden. Und diese Kraft wird ihrerseits dann durch die sogenannte „Lorenzkraft” beschrieben.
Hierzu sei erwähnt, dass die Maxwell-Gleichungen die berühmten Vektordifferentialoperatoren „Divergenz und „Rotation” beinhalten. Und für den Potenzialansatz benötigt man, wie in der Mechanik, den „Gradienten”. Die anschaulich physikalische Bedeutung dieser Differentialoperatoren ist eine Notwendigkeit für das Verständnis dieser Gleichungen.
Solch ein zwischengeschaltetes elektromagnetisches Feld, wie beispielsweise zwischen den Platten eines geladenen Kondensators, ist ein Träger von Energie. Daher kann man dem elektrischen Feld eine elektrische „Energiedichte” zuschreiben. Ähnliches passiert, wenn man eine stromdurchflossene Magnetspule betrachtet. Durch das Fließen eines Stroms bildet sich im Inneren dieser Spule ein magnetisches Feld. Und auch dieses Magnetfeld ist Träger einer Energie, selbst wenn dort Vakuum herrscht.
Nach dem gleichen Prinzip gelangt die elektromagnetische Strahlung der Sonne durch den leeren Raum zu uns. Die Wellen, die sich dabei ausbilden sind Träger von Energie. Das von der Sonne abgestrahlte Licht kann deshalb als Wellenvorgang angesehen werden. Daraus ergibt sich, dass man auch die Wellenoptik in die Elektrodynamik mit einbeziehen kann.
In diesem Zusammenhang hat Augustin Jean Fresnel um 1821 eindeutig nachgewiesen, dass das Licht einen Wellencharakter aufweist. Und insbesondere Michelson hat durch seine experimentellen Befunde und mit dem nach ihm benannten Interferometer untermauert, dass zwei wichtige Prinzipien gelten. Das ist zum einen das „Relativitätsprinzip”, welches wir schon aus dem Bereich der Mechanik kennen, nämlich dass die Grundgesetze der Physik unabhängig davon gelten, in welchem Inertialsystem man sie betrachtet. Und auch für die Elektrodynamik gilt, dass die Maxwell-Gleichungen in allen Inertialsystemen die gleichen sind.
Aufgrund dessen scheint auch die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts, die sich von den Maxwell-Gleichungen ableiten lässt, ebenfalls in allen Inertialsystemen die gleiche zu sein. Insofern kann man dem Licht nicht nachlaufen. Es ergibt sich keine Differenzgeschwindigkeit, wie dies bei den Schallwellen der Fall ist. Dieses Phänomen lässt sich mit unseren Alltagserfahrungen nicht ohne Weiteres in Einklang bringen. Im Bereich der Relativitätsmechanik werden wir auf dieses Phänomen etwas näher eingehen.
Doch der Wellenaspekt des Lichtes allein erlaubt es nicht, die Eigenschaften des Lichtes vollends zu beschreiben. Es muss auch angenommen werden, dass das Licht ebenfalls einen Teilchencharakter hat. Im Grunde haben zwei Modelle ihre Daseinsberechtigung, um das Licht zu charakterisieren. Daher spricht man in Verbindung mit dem Licht auch von dem berühmten „Welle-Teilchen-Dualismus”.
Dieser Umstand ist der Ausgangspunkt für die „Quantenphysik”. Denn die Lichtteilchen, auch Photonen genannt, gehören seit Albert Einstein zu den Quantenphänomenen. Doch das hat mit der klassischen Feldtheorie nichts mehr zu tun.
Für die weitere Betrachtung beginnen wir zunächst mit den ruhenden Ladungen. Diese fallen in den Bereich der Elektrostatik. Hierbei spielt das Coulomb-Gesetz eine wesentliche Rolle. Es geht um die Überlegung, was passiert, wenn man zwei Punktladungen hat, die miteinander in Wechselwirkung stehen.
Im Anschluss geht es um gleichförmig bewegte Ladungen. Diese konstanten Ströme führen zu magnetischen Feldern. Das wiederum fällt in den Bereich der Magnetostatik. Hierbei hat man es mit zeitunabhängigen Phänomenen zu tun. Denn sobald zeitlich veränderliche Vorgänge in der Elektrodynamik auftreten, kommen ganz neue Phänomene hinzu.
Nach diesen statischen Phänomenen werden wir es mit langsam veränderlichen Strömen zu tun haben. „Langsam” heißt in diesem Fall, dass die typischen Änderungszeiten dieser betrachteten elektrischen Ströme lang sind im Vergleich zu den Ausbreitungszeiten der elektromagnetischen Felder, die damit in Zusammenhang stehen. Das wiederum bedeutet, man betrachtet das System im gleichen Zustand, so als handle es sich um eine unmittelbar auftretende Fernwirkung. Die Ausbreitungen sind schnell genug, so dass man eine verzögerte Ausbreitung gar nicht bemerkt. Solche Vorgänge lassen sich gut in der gesamten Wechselstromtechnik beobachten.
Zum Schluss geht es um schnell veränderliche Ströme. Darunter versteht man Vorgänge, bei denen elektromagnetische Wellen auftreten. In einem solchen Fall ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit von großer Bedeutung.
Durch schrittweise Einführung der entsprechenden Grundgleichungen werden wir uns einen Überblick über die einzelnen Teilbereiche verschaffen.
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