Wirbelstrukturen im
4 - dimensionalen
gekrümmten Raum
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Thermodynamik


Allgemein

Wir wenden uns jetzt einem weiteren Bereich in der Physik zu, der sich in einer Viel­zahl von Fällen sehr nütz­lich anwenden lässt. Es geht dabei um Systeme, die nicht nur aus ein oder zwei Teil­chen bestehen, sondern die vielmehr ein makro­skopisches Volumen haben. Gleich­zeitig werden die moleku­laren Struk­turen der Körper berück­sichtigt. Der mathe­matische Aufwand ist bei der Beschreibung thermo­dyna­mischer Beziehungen im All­gemeinen sehr gering. Anderer­seits ist die physika­lische Inter­pretation der verschie­denen Größen mitunter etwas auf­wendiger. Als Beispiel könnte man hier die Entropie anführen, die später noch beleuchtet wird.




Grundlagen

Bisher hatten wir es mit einfachen geordneten Systemen zu tun. Die Eigen­schaften dieser Systeme und all ihrer Teil­systeme konnten voll­ständig ange­geben werden. Das heißt, die zeit­liche Ent­wicklung eines solchen Systems kann durch die üblichen dynamischen Gleichungen beschrieben werden. Diese Lösungen sind auch gegen Zeit­umkehr invariant. Jetzt aber, wollen wir uns mit größeren Systemen auseinander­setzten.

Wenn man sich makro­skopische Systeme anschaut, zum Beispiel den Menschen, besteht ein solches System aus vielen Teil­systemen. Betrachtet man in einer Unter­suchung nur 10 oder 50 Teil­systeme, mag das Ganze noch über­schaubar sein. Aber die Anzahl der Teil­systeme oder Moleküle, aus denen beispiels­weise ein Gas­volumen besteht, belaufen sich allein bei 1 cm³ Luft auf 10²³ Moleküle. In einem solchen Fall ist es nicht mehr möglich, 10²³ gekoppelte Differential­gleichungen unter­einander aufzu­schreiben und diese dann alle mit­einander zu lösen.

Ganz zu schweigen davon, die einzelnen Moleküle nach­zuverfolgen, die in dem Volumen umher­schwirren. Der mathe­matische Aufwand ist einfach zu groß, und deshalb muss man eine andere Lösung finden. Daher ist es wichtig, gewisse makro­skopische Eigen­schaften dieser Systeme zu unter­suchen, sie zu beschreiben, und schließ­lich auf komplexe Systeme zu über­tragen. Es kommt nur darauf an, gewisse Mittel­werte über alle diese Moleküle zu bilden, damit man dann zu Größen kommt, die makro­skopisch beobachtbar sind. Letzt­lich ist es das Ziel, auch große Systeme zu beschreiben. Und eine dieser wichtigen Größen ist die Temperatur.

Es geht also darum, makro­skopische System­eigen­schaften durch Mittelung über mikro­skopische System­eigen­schaften zu erhalten. Und damit sind wir schon bei der ersten Frage: Wie mittelt man, und was für einen Mittel­wert bildet man? Es können nämlich dabei ganz unter­schied­liche Ergeb­nisse heraus­kommen. Da gibt es im Wesent­lichen zwei Möglich­keiten:

Möglichkeit 1:
Man lässt ein Volumen­system sich eine Zeit lang ent­wickeln, und verfolgt ein Molekül gedank­lich auf seinem Weg inner­halb des Volumens. Während dessen beobachtet man ständig, wie groß die kinetische Energie dieses Moleküls ist. Denn diese Moleküle werden immer wieder mit­einander zusammen stoßen. Auf diese Weise kann man über einen gewissen Zeitraum die Werte mitteln. Und schließ­lich erhält man eine mittlere kinetische Energie des Moleküls. Man nennt dies auch ein „Zeitmittel”.

Möglichkeit 2:
Eine zweite Möglich­keit besteht darin, eine Moment­aufnahme des Systems zu machen. Zum Beispiel, wenn man alle Geschwindig­keiten von allen Teil­chen und die kinetischen Energien von allen Molekülen in dem System kennt. Dann kann man mitteln, über alle kinetischen Energien aller dieser einzelnen Moleküle, zu einem bestimmten Zeit­punkt. Das nennt man dann ein „Scharmittel”, wegen der Schar von Molekülen.


Für welche Mittelung man sich entscheidet, ist oft eine Geschmack­sache. Unter sehr all­gemeinen Voraus­setzungen werden diese beiden Mittel­werte mit­einander zusammen­fallen. Diese Gemein­sam­keit tritt aller­dings nur dann auf, wenn eine gewisse chaotische Situation in dem Medium vor­handen ist. Nur bei einer gewissen Unordnung in einem System, lassen sich vergleich­bare Mittel­werte ermitteln.

Wenn das also gegeben ist, nimmt man die soge­nannte „Ergoden­hypothese” an, nämlich dass diese beiden Arten der Mittelung vergleich­bar sind. Sodass, wenn man dann generell über eine Mittel­wert­bildung spricht, die Wahl der jeweiligen Methode gleich­wertig ist. Das ist eine der grund­legenden Annahmen bei der Beschreibung thermo­dynamischer Systeme.

Eine weitere wichtige Annahme ist das soge­nannte Postulat von der gleichen a priori Wahr­schein­lich­keit. Was bedeutet das? Nehmen wir an, man betrachtet einen makro­skopischen Zustand eines Gases bei einer bestimmten Temperatur und einem bestimmten Druck in einem fest­gelegten Volumen. Beispiels­weise das Luft­volumen in einem Raum. Dann wird es sehr viele verschiedene mikro­skopische Situa­tionen geben, die diesen makro­skopischen Zustand realisieren können. Die Moleküle können sich in den unter­schied­lichsten Weisen bewegen, und trotzdem herrschen über­all die gleiche Temperatur, das gleiche Volumen und der gleiche Druck. Und letzt­lich sind alle diese mikro­skopischen Realisie­rungs­mög­lich­keiten eines makro­skopisch beobacht­baren Zustands gleich wahr­schein­lich, und sie werden alle im Laufe der Zeit auch eintreten.

Man möchte den Aspekt betonen, dass man es bei den vielen Molekülen mit einem System zu tun hat, bei dem die einzelnen Teil­chen mehr oder weniger statis­tisch unkorreliert durch­einander fliegen. Also, die unter­schied­lichen mikro­skopischen Reali­sierungen eines Makro­zustandes sind gleich wahr­schein­lich. Aber es gibt noch eine weitere Mög­lich­keit, diese statistische Komponente bei der Bewegung der Moleküle in einem System zu beschreiben. Gase sind beispiels­weise um einiges einfacher zu beschreiben, im Vergleich zu anderen Systemen.

Bei dieser Annahme des moleku­laren Chaos nimmt man an, dass die Orte und Geschwin­dig­keiten zweier Teil­chen oder Moleküle unkorreliert mit­einander sind. Wenn also ein Teil­chen in die eine Richtung fliegt, kann das andere Teil­chen in die ent­gegen­gesetzte Richtung fliegen. Auch das ist wieder ein Ausdruck für die statis­tische Komponente. Bei genaueren statis­tischen Aus­wertungen stellt sich heraus, dass alle diese verschie­denen Annahmen genau­genommen nicht ganz äquivalent zueinander sind. Und es erfordert eine ziemlich tief­gehende statistische Analyse, um zu verstehen, welche konkreten Zusammen­hänge bestehen. Das sind jedoch Grund­lagen­fragen der statistischen Physik.

Zunächst haben wir eine gewisse Grund­lage für die statistische Beschreibung von großen Systemen. Auf dieser Grund­lage haben wir unter vor­genannten Voraus­setzungen ein spezielles Ver­haltens­muster dieser großen Systeme. Dieses Verhalten ist bei den kleinen Mikro­systemen mit über­schau­baren Teil­chen, die wir bisher betrachtet haben, nicht gegeben. Insofern muss die Frage der Zeit­umkehr neu gestellt werden.

Wenn man ein großes System analysiert, zum Beispiel in einer Größen­ordnung von 10²³ Teil­chen, mit all diesen zusätz­lichen Annahmen, dann ist eine derartige Zeit­umkehr nicht mehr ohne weiteres gegeben. Und das ist ein ganz entschei­dender qualitativer Unter­schied zwischen den kleinen und den großen Systemen. Es bedarf keiner großen Phantasie, um das nachzu­vollziehen.




Zeitumkehr

Um den Begriff der „Zeit­umkehr” verständlich zu machen, könnte man sich ein System oder einen Behälter mit einer mittig ange­ordneten Membrane vor­stellen. In der einen Hälfte bewegen sich eine will­kürliche Anzahl Moleküle, und die andere Hälfte ist leer bzw. hoch evakuiert. Hoch evakuiert ist natürlich ein relativer Begriff. Selbst wenn man den Druck auf 1 millionstel bar reduzieren würde, ist das nichts im Ver­gleich zum Vakuum im All. MAn kann noch so gut evakuieren, es sind immer noch ein Haufen Moleküle enthalten. Mit den besten Pumpen erreicht man derzeit ein Vakuum mit weniger als 10 Mio. Gasmolekülen pro Liter. Das ist nicht zu ver­gleichen mit dem interstellaren Raum, wo etwa nur 1000 Gasmoleküle pro Liter bzw. 1 Molekül pro cm³ herum­fliegt. Solch ein Vakuum lässt sich auf der Erde nicht erzeugen. Aber das ist für unsere Über­legung auch nicht entscheidend.

Nimmt man jetzt die Membrane weg, würden sich die Moleküle über das ganze Volumen aus­breiten. Und jetzt kommt der wesent­liche Aspekt. Den ganzen Vorgang könnte man mittels einer Video­kamera auf­nehmen und anschlie­ßend rück­wärts ablaufen lassen. Man kann sofort erkennen, dass sich so ein rück­läufiger Vorgang in der Wirk­lich­keit nicht abspielen würde. Die Zeit­umkehr wäre auf­grund der Gleichungen zwar möglich, aber auf­grund der Natur unwahr­scheinlich.

Man könnte sogar beweisen, dass bei einer der­artigen Aus­breitung in umge­kehrter Richtung, die statis­tische Wahr­schein­lich­keit gleich Null ist. Es ist zwar nicht aus­geschlossen, aber die Wahr­schein­lich­keit dafür ist Null, also tritt es in der Praxis auch nicht ein. Und diese Situation der Unmög­lich­keit dieser Zeit­umkehr, führt zu der soge­nannten Richtung des Zeit­pfeiles. Diese ein­heit­liche Richtung der Zeit ist bei den makro­skopischen Systemen grund­legend. Die Irreversi­bilität wird dadurch erkennbar. Das ist eine ganz wichtige Eigen­schaft makro­skopischer Systeme.

Man könnte das alles natür­lich statis­tisch unter­mauern, aber das würde im Allge­meinen zu einem nicht unerheb­lichen mathe­matischen Auf­wand führen. Die ganze Thermo­dynamik, mit der wir uns nach­folgend beschäftigen, hat zwei grund­sätzliche Ansätze. Einen „statis­tischen” Ansatz und einen soge­nannten „phänomeno­logischen” Ansatz.

Eingangs haben wir kurz die Statistik beleuchtet. Bei der phänomeno­logischen Thermo­dynamik versucht man sich die Dinge ein­facher zu machen. Hierbei geht man von vorn­herein von den Makro­eigen­schaften bei Systemen aus, wie dem Druck, der Temperatur oder dem Volumen, und setzt diese mit­einander in Beziehung. Nach Auf­stellung von gewissen Grund­gesetzen, wie den soge­nannten „Haupt­sätzen der Thermo­dynamik” ist es dann möglich, ein ganzes Gerüst von Gesetz­mäßig­keiten abzuleiten.

Auf diese Weise lassen sich viele thermo­dynamische Eigen­schaften der Systeme dar­stellen, ohne mit dem Thema der moleku­laren Bewegung in Berüh­rung zu kommen. Bereits vor Ludwig Boltzmann, der wesent­liche Grund­lagen für die Thermo­dynamik geschaffen hat, und dem ein entschei­dender Durch­bruch gelang, war die phänomeno­logische Thermo­dynamik das Entschei­dende. Die statis­tische Betrachtungs­weise kam erst später hinzu.

Man hatte Mitte des 19. Jahrhunderts damit begonnen, Dampf­maschinen zu konstruieren, und man wollte die Abläufe verstehen und hat das entspre­chend phänomeno­logisch durch­gerechnet. Ziel war es ja, die Abläufe zu optimieren, und den Wirkungs­grad zu erhöhen. Parallel dazu sind die wichtig­sten makro­skopischen Größen, inklusive der Entropie, rein phänomeno­logisch einge­führt worden. Das ist beacht­lich, zumal die physika­lischen Zustände keine einfache Inter­pretation zulassen.

Erst durch Boltzmann und einige seiner Zeit­genossen ist es dann gelungen, diese Beziehungen, die man phänomeno­logisch auf­gestellt hatte, und die man aus einigen wichtigen Grund­gesetzen her­geleitet hatte, mit der mikro­skopischen moleku­laren Inter­preta­tionen zu unter­mauern. Eine der wichtigen Auf­gaben der statis­tischen Thermo­dynamik besteht darin, thermo­dynamische phänomeno­logische Beziehungen zu erläutern und zu erklären.

Darüber hinaus ist es auch möglich, spezielle Eigen­schaften der unter­schied­lichen Systeme, insbe­sondere deren chemische Komponenten und Substanzen zu erklären. Mit der statis­tischen Thermo­dynamik, kann man vieles, was über die phänomeno­logische Thermo­dynamik hinaus­geht, verständ­lich machen.

Letzten Endes kann man beide Vorgehens­weisen, sprich jede für sich, ganz konsistent aufbauen. Es kommt zu Wechsel­bezie­hungen, aus denen man ableiten kann, dass beispiels­weise ein gewisser statis­tischer Mittelungs­prozess zum Begriff der makro­skopischen „Temperatur” führt. Die beiden Vorgehens­weisen ergänzen sich in sehr angenehmer Art und Weise, um zu einem Verständnis der Thermo­dynamik zu gelangen.





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