Das Axialsymmetrische Divertor-Experiment ASDEX wurde von 1980 bis 1990 im IPP in Garching betrieben – einer der weltweit erfolg- und einflussreichsten Tokamaks der 1980er Jahre.
2002 ASDEX geht im Southwestern Institute for Plasma Physics unter dem neuen Namen HL-2A in Betrieb.
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Eine der weltweit erfolgreichsten Fusionsanlagen der 80er Jahre, das Experiment ASDEX des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) in Garching bei München, wurde am 2.–Dezember 2002 im Southwestern Institute of Physics (SWIP) im chinesischen Chengdu (Provinz Sichuan) wieder in Betrieb genommen. 5 Jahre nach der Stilllegung 1990 war ASDEX an die Volksrepublik China weitergegeben worden. Die Erzeugung des ersten Plasmas in der wieder aufgebauten Anlage wurde mit einer Festveranstaltung in Chengdu eingeleitet, zu der auch Gäste aus dem IPP geladen waren.
Die Großanlage ASDEX (Axialsymmetrisches Divertorexperiment) wurde nach 10 Jahren erfolgreicher Experimentierzeit 1990 mit Betriebsbeginn des Nachfolgers ASDEX Upgrade in Garching stillgelegt. Sie war aufgrund ihrer weltweit Aufsehen erregenden Ergebnisse – darunter die Entdeckung eines Plasmazustandes mit verbesserter Wärmeisolation, auf dem die gesamte heutige Fusionsforschung aufbaut – eine der erfolgreichsten Fusionsanlagen der 80er Jahre.
Abb. 1: Wiederaufbau von ASDEX – hier des Magnetsystems – in Chengdu. © SWIP
Nach der Stillegung meldete die Volksrepublik China Interesse an der Anlage an. 1995 wurde sie – nach Genehmigung durch die deutschen und europäischen Geldgeber – von einem Team chinesischer Ingenieure und Techniker in Garching abgebaut. In ihre Einzelteile zerlegt, die jeweils numeriert und beschriftet über 1000 Kisten für Kleinteile und mehrere Container für die großen Elemente füllten, wurde die Anlage 1996 nach China verschifft. Der Abbau des Experiments, die Dokumentation, der Versand der 350 Tonnen schweren Anlage und ihr Wiederaufbau lagen vollständig in der Hand des chinesischen SWIP, das auch alle Kosten übernahm. Die ASDEX-Mitarbeiter stellten ihre Kenntnis der technischen Details sowie die nötigen Pläne zur Verfügung und berieten bei der Demontage und beim Wiederaufbau ab 1999 in Chengdu in einem eigens dafür errichteten neuen Institutsgebäude. Die Heiz- und Messapparaturen für das Plasma sowie die Steuerung und Energieversorgung wurden in China neu gebaut. Solchermaßen ergänzt und unter dem neuen Namen HL-2A (A für ASDEX) ging die Anlage am 2. Dezember als vorläufig größtes chinesisches Fusionsexperiment wieder in Betrieb.
Abb. 2: Die wieder hergestellte Anlage in China – aus ASDEX wurde HL-2A. © SWIP
Dies wird sich ändern, wenn in rund 3 Jahren in Hefei das Fusionsexperiment HT-7U in Betrieb gehen wird, das dort im Institut für Plasmaphysik der Chinesischen Akademie der Wissenschaften entsteht. Während HL-2A in Chengdu vor allem der Grundlagenforschung dienen soll, sucht China mit HT-7U Anschluss an aktuellste Fragen der Fusionsforschung. Anders als die noch mit normalleitenden Kupferspulen ausgerüstete Anlage in Chengdu soll HT-7U das Plasma in einem durch supraleitende Spulen erzeugten Magnetfeld einschließen und lange Entladungspulse von mehreren Minuten Dauer erreichen. So kann sich das Experiment einem der gegenwärtig aktuellsten Themen widmen: Durch neue Techniken soll es den heute noch pulsweise arbeitenden Fusionsanlagen vom Typ Tokamak den Weg zum Dauerbetrieb bahnen.
Darüber hinaus hat China kürzlich Interesse angemeldet, sich auch an dem internationalen Großprojekt ITER zu beteiligen. Der Testreaktor ITER – der nächste Schritt der weltweiten Fusionsforschung – wird gegenwärtig von europäischen, japanischen und russischen Wissenschaftlern gemeinsam vorbereitet. ITER soll zeigen, dass Energiegewinnung durch Fusion physikalisch und technisch möglich ist und erstmals ein brennendes Fusionsplasma erzeugen.
Hintergrund
ASDEX war seinerzeit eines der erfolgreichsten Fusionsexperimente: Ziel der Fusionsforschung ist die Entwicklung eines Kraftwerks, das Energie aus der Verschmelzung von Atomkernen gewinnen soll. Brennstoff ist ein dünnes ionisiertes Gas, ein Wasserstoffplasma, das zum Zünden des Fusionsfeuers in Magnetfeldern eingeschlossen und auf hohe Temperaturen aufgeheizt werden muß. Mit dem Experiment ASDEX (Axialsymmetrisches Divertorexperiment) wurde eine spezielle Magnetfeldanordnung – ein Divertor – getestet, die für saubere Plasmen sorgen sollte. Das Divertorkonzept hat sich bei der Reinhaltung des Plasmas außerordentlich bewährt. Überraschend zeigte sich eine zweite günstige Wirkung, nämlich eine deutliche Verbesserung der Wärmeisolation des Plasmas.
1995 ASDEX wird an das Southwestern Institute for Plasma Physics in Leshan, Volksrepublik China, weitergegeben.
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Das stillgelegte Fusionsexperiment ASDEX im Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Garching bei München, das hier von 1980 bis 1990 betrieben wurde, wird an die Volksrepublik China weitergegeben. Die Großanlage wird gegenwärtig von einem Team chinesischer Ingenieure und Techniker im Garchinger Institut abgebaut. Nach China verschifft, soll ASDEX anschließend in Leshan (Provinz Sichuan) im Southwestern Institute for Plasma Physics (SWIP) wieder aufgebaut und weiterbetrieben werden.
ASDEX war eine der weltweit erfolgreichsten Fusionsanlagen der 80er Jahre und hat den Fortschritt der Forschung maßgeblich bestimmt. „Mit der Abgabe an China leistet die europäische Fusionsforschung einen bedeutenden Beitrag zur wissenschaftlichen Entwicklung Chinas auf dem wichtigen Gebiet seiner langfristigen Energiesicherung”, kommentiert der ehemalige ASDEX-Projektleiter, Prof. Friedrich Wagner. Der Abbau des Experiments, die Dokumentation, der Versand der 350 Tonnen schweren Anlage und ihr Wiederaufbau liegen vollständig in der Hand des chinesischen SWIP, das auch alle Kosten übernimmt. Die ehemaligen ASDEX-Mitarbeiter des Fusionsexperimentes ASDEX im Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching. stellen ihre Kenntnis der technischen Details sowie die nötigen Pläne zur Verfügung und beraten beim Ablauf der Demontage. Nachdem das IPP alle erforderlichen Genehmigungen eingeholt hatte – darunter auch die Euratom-Zustimmung des Europäischen Fusionsprogramms, das bei 45 Prozent Finanzierungsbeteiligung Miteigner des Experimentes ist – konnte der Abbau beginnen. Ein Team von 5 Ingenieuren und zehn Technikern aus China ist dazu Ende September im IPP angekommen.
Die Demontage muß sehr vorsichtig geschehen und in allen Einzelschritten genau dokumentiert werden, da das Experiment anschließend in China wieder funktionstüchtig aufgebaut werden soll. Nach etwa einem Monat Vorbereitung und dem Studium zahlreicher Aktenordner mit Zeichnungen und technischen Unterlagen hatten die chinesischen Ingenieure ihren Abbauplan Anfang Oktober 1995 fertiggestellt. Die Anlage wird nun in ihre Einzelteile zerlegt, die jeweils numeriert und beschriftet über 1000 Kisten für Kleinteile und mehrere Container für die großen Elemente füllen werden. Ende Februar 1996 soll der Abbau beendet sein.
Nach dem Transport ins SWIP – dem mit 500 Mitarbeitern größten Fusionslabor Chinas – beginnt hier der Wiederaufbau. Die Heiz- und Meßapparaturen für das Plasma sowie die Steuerung und Energieversorgung werden in China neu gebaut. Solchermaßen ergänzt und unter dem neuen Namen HL-2A (A für ASDEX) soll die Anlage nach etwa 5 Jahren als dann größtes chinesisches Fusionsexperiment wieder einsatzfähig sein. „Für die alte ASDEX-Mannschaft ist es eine große Befriedigung, daß ihr Experiment zu neuem Leben erweckt werden soll,” erklärt der ehemalige technische Leiter des Projekts, Dr. Harald Rapp. „Wir freuen uns, unser Forschungsprogramm demnächst mit dem berühmten ASDEX zu ergänzen” meint umgekehrt der Leiter der chinesischen Gruppe, Prof. Jiancheng Yan.
ASDEX war seinerzeit eines der erfolgreichsten Fusionsexperimente: Ziel der Fusionsforschung ist die Entwicklung eines Kraftwerks, das Energie aus der Verschmelzung von Atomkernen gewinnen soll. Die Ergebnisse waren so bedeutend, daß das in Garching entwickelte Konzept inzwischen weltweit übernommen wurde. Auch ein späteres Fusionskraftwerk wird mit Divertor arbeiten. Seit 1990 betreibt das IPP den Nachfolger ASDEX Upgrade, der den Divertor unter kraftwerksähnlichen Bedingungen testet.
1993 Das europäische Gemeinschaftsexperiment JET wird nach dem Vorbild von ASDEX und ASDEX Upgrade mit Divertor ausgerüstet.
August 1990 ASDEX wird stillgelegt; beim Nachfolger ASDEX Upgrade beginnen die Betriebsvorbereitungen.
1989 Das große europäische Gemeinschaftsexperiment JET (Joint European Torus) erreicht im H-Regime und in einer Divertorähnlichen Magnetfeldkonfiguration nach ASDEX-Vorbild Weltrekord-Ergebnisse.
1986 Umbau des Divertors: Wassergekühlte Divertorplatten erlauben längere Plasmapulse.
1984 Die Radiowellenheizung geht in Betrieb.
1983 Systematische Untersuchungen zum High Confinement Regime. Die Wellenheizung bei der Lower-Hybrid-Frequenz geht in Betrieb.
1982 Ein Plasmazustand mit verbesserter Wärmeisolation, das „High Confinement Regime” (H-Regime) wird entdeckt – die Grundlage für ein späteres Fusionskraftwerk.
1982 Die Neutralteilchenheizung geht in Betrieb.
Februar 1980 Erstes Plasma. Bereits die ersten Experimente zeigen: Der Divertor erfüllt die gewünschte Aufgabe – die Verunreinigungen im Plasma nehmen deutlich ab.
1979 Abschluss der Montagearbeiten; die Betriebsvorbereitungen starten.
1976 Montagebeginn.
1975 Fertigungsaufträge für Großkomponenten an Industrie vergeben.
1974 Projektvorschlag für das „Axial-Symmetrische Divertorexperiment” ASDEX fertiggestellt.
Quellen
[1] Max-Planck-Institut für Plasmaphysik – IPP Greifswald und Garching
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