Fusionskraftwerk – Teil 2
Fusionsexperiment WENDELSTEIN 7-X[1]
WENDELSTEIN 7-X
Durchmesser der Anlage (über alles): | |
16 Meter |
Höhe (über alles): | |
5 Meter |
Gewicht: | |
725 Tonnen |
Großer Plasmaradius: | |
5,5 Meter |
Mittlerer kleiner Plasmaradius: | |
0,53 Meter |
Plasmavolumen: | |
30 Kubikmeter |
Plasmagewicht: | |
0,005 – 0,03 Gramm |
Anzahl der modularen Spulen: | |
50 |
Anzahl der ebenen Zusatzspulen: | |
20 |
Magnetfeld (Achse): | |
3 Tesla |
Rotationstransformation (Achse): | |
0,84 |
Verscherung: | |
0,1 – 0,14 |
Energieeinschlusszeit: | |
0,15 |
Heizleistung (erste Ausbaustufe): | |
15 Megawatt |
Pulsdauer: | |
Dauerbetrieb für |
| |
30 Minuten mit |
| |
Elektronenzyklotron- |
| |
Heizung |
|
Der Experimentvorschlag für den Stellarator WENDELSTEIN 7-X wurde 1990
formuliert und den zuständigen europäischen Gremien vorgelegt. Die endgültige
positive Entscheidung zur ersten Phase des Genehmigungsverfahrens, in der die
wissenschaftlichen Pläne für das Experiment und seine Einbettung in das
europäische Fusionsprogramm begutachtet wurden, erging im Mai 1994. Die zweite
Phase des Genehmigungsverfahrens – Begutachtung der Technik sowie der Kosten- und
Personalschätzung – erfolgte 1995. Im Sommer 1996 begann der Aufbau des
Projektteams und die Detaillierung des Maschinenentwurfs.
WENDELSTEIN 7-X wurde in dem 1994 gegründeten IPP-Teilinstitut in
Greifswald aufgebaut, dessen neue Gebäude 1999 eingeweiht wurden. Ab 2004 waren dort rund
300 Mitarbeiter mit dem Aufbau und dem Betrieb von WENDELSTEIN 7-X
beschäftigt. Der Zeitplan für die Montage der Anlage war durch die
Fertigungsgeschwindigkeit der supraleitenden Magnetspulen bestimmt und sah die
Inbetriebnahme zunächst für das Jahr 2007 vor. Tatsächlich wurde die
Fusionsanlage am 10. Dezember 2015 mit einem ersten Helium-Plasma in Betrieb genommen.
Das Experiment WENDELSTEIN 7-X sollte die prinzipielle Kraftwerkseignung
des Advanced Stellarator demonstrieren und so Konzeptverbesserungen für ein künftiges
Stellaratorkraftwerk aufzeigen. Da Stellaratoren zum Einschluss des Plasmas keinen
zirkulierenden Strom im Plasma benötigen, ist ihr Bauprinzip für den Dauerbetrieb
eines Kraftwerks besonders geeignet. Ziel fortlaufender Experimente ist es, ein
heißes und dichtes Stellaratorplasma hinreichend lange einzuschließen, so dass
die gewonnenen Ergebnisse sichere Rückschlüsse auf ein Kraftwerksplasma
zulassen.
Dazu gehört im Einzelnen, ein heißes und dichtes Wasserstoffplasma mit
Temperaturen von rund 100 Millionen Grad und Beta-Werten von 5 Prozent in einem
optimierten Magnetfeld einzuschließen, verschiedene Heizmethoden anzuwenden,
stabilen Plasmaeinschluss zu zeigen sowie die Plasma-Wand-Wechselwirkung zu studieren
und die Entstehung und den Abtransport von Verunreinigungen über längere Zeit zu
kontrollieren.
Die Magnetfeldstruktur des WENDELSTEIN 7-X ist eine 5-periodische
Helias Konfiguration (Helias = Helical Advanced Stellarator). Sie zeichnet sich unter anderem
durch eine helikal gewundene magnetische Achse aus. Umfangreiche theoretische Untersuchungen
haben die besondere Kraftwerkseignung dieser Konfiguration gezeigt: Die Lage der
Plasmasäule im Gefäß ändert sich mit steigendem Plasmadruck nur sehr
wenig, die Stabilitätsgrenze lässt mittlere Beta-Werte von 4,3 Prozent
erwarten. Auch die schnellen Heliumkerne, die in einem brennenden Plasma für die
Selbstheizung sorgen, werden in einer Helias-Konfiguration gut eingeschlossen. In
WENDELSTEIN 7-X, der mit einem Plasma aus normalem Wasserstoff und Deuterium –
also ohne Tritium – arbeiten wird, soll das Verhalten der Heliumkerne durch eingeschossene
schnelle Wasserstoff-Teilchen mit Energien von 60 Kiloelektronenvolt simuliert
werden.
Eingehende Untersuchungen befassten sich mit den Verlusten des Plasmas aufgrund der
Coulomb-Wechselwirkung der geladenen Plasmateilchen bei großen freien
Weglängen. Dieser sogenannte neoklassische Verlust, der durch die Stöße zwischen
den Plasmateilchen zustande kommt, ist in einem klassischen Stellarator so hoch, dass eine
Zündung unmöglich wäre. In einer Helias-Konfiguration gelingt es jedoch, die
Teilchenbahnen so zu gestalten, dass der neoklassische Verlust auf ein für die
Zündung tolerables Maß vermindert werden kann. Besonderer Wert bei diesen
Untersuchungen wurde auch auf die Eliminierung des Bootstrap-Stroms gelegt. Dieser
Ringstrom, der sich aus der inneren Energie des Plasmas speist, könnte das
Magnetfeld auf ungünstige Weise verändern. In der für
WENDELSTEIN 7-X gewählten Konfiguration ist er jedoch auf unwesentliche Werte
reduziert.
Ein wichtiges Thema für WENDELSTEIN 7-X ist die Plasma-Wand-Wechselwirkung
und die Entwicklung eines Divertors. Dabei besitzt die optimierte magnetische Konfiguration
Eigenschaften eines „natürlichen” Divertors: Eng begrenzte magnetische
Flussbündel winden sich um das Einschlussgebiet und laufen in Richtung der
Gefäßwand. Anders als beim Tokamak sind keine zusätzlichen Magnetßfelder
nötig. Über Diffusionsvorgänge laufen Teilchen und Energie in diese
Flussbündel und strömen parallel zum Magnetfeld auf fern vom heißen
Plasma angebrachte Divertorplatten. Hier werden die geladenen Teilchen neutralisiert und
mithilfe von Vakuumpumpen aus dem Plasmaraum abgesaugt. Durch geeignete Regelung der
Gasdichte vor den Prallplatten wird die Produktion von Verunreinigungen verringert
und gleichzeitig deren Rückfluss in das Plasma eingeschränkt. In
detaillierten Berechnungen der Teilchenbahnen und Monte-Carlo-Rechnungen für die
Neutralteilchen wurden unter Berücksichtigung der komplizierten Geometrie Größe
und Lage der Prallplatten, Leitplatten und Kryopumpen für die
10 Divertoreinheiten von WENDELSTEIN 7-X bestimmt. Um die maximale
Flächenbelastung von 10 Megawatt pro Quadratmeter nicht zu überschreiten,
kann das Magnetfeld durch zusätzliche Regelspulen im Randbereich räumlich
und zeitlich verändert werden.
Das modular aufgebaute Spulensystem setzt die bereits beim Vorgänger
WENDELSTEIN 7-AS mit Erfolg verwirklichte Linie fort. Es besteht aus
50 nichtebenen Einzelspulen, die in fünf gleichen Modulen zu je 10 Spulen
angeordnet sind. Da jeweils 2 Spulen eines Moduls gleich geformt, aber umgedreht angeordnet
sind, gibt es insgesamt nur fünf geometrisch verschiedene Spulen. Dieser Spulensatz
alleine wäre ausreichend, um das Plasma einzuschließen. Um die Flexibilität
des Experiments zu erhöhen und charakteristische Größen des Magnetfelds
um bis zu 10‰ verändern zu können, wird den nichtebenen Spulen ein zweiter Satz
von 20 ebenen Spulen überlagert. Die Abmessungen der Anlage sind in der Tabelle
zusammengestellt.
Wegen der angestrebten langen Pulszeiten wird das Magnetfeld von WENDELSTEIN 7-X –
anders als beim Vorgänger – mit Hilfe von supraleitenden Spulen erzeugt. Diese
Spulen sind das technische Kernstück der Anlage. Mit ihrer Hilfe soll
WENDELSTEIN 7-X die wesentliche Stellaratoreigenschaft erreichen, den
Dauerbetrieb. Wegen des relativ geringen Magnetfeldes von 6 Tesla auf den Spulen kann
man für den Bau der WENDELSTEIN-Spulen auf supraleitende Standard-Drähte aus
Niob-Titan zurückgreifen. Um den supraleitenden Zustand im Stromleiter
aufrechtzuerhalten, muss er mit flüssigem Helium auf etwa 4 Kelvin nahe dem
absoluten Nullpunkt abgekühlt werden.
Alle siebzig Einzelspulen des Magnetsystems wurden im französischen
Forschungsinstitut der CEA in Saclay einer Funktionsprüfung bei
Betriebsbedingungen unterzogen, bevor sie in die Experimentieranlage eingebaut
wurden. Dort sind sie an einer massiven Stützstruktur befestigt, damit die exakte
Form des Magnetfelds auch bei den hohen elektromagnetischen Kräften zwischen
den Spulen erhalten bleibt.
Die tiefe Betriebstemperatur der supraleitenden Spulen erfordert eine wirksame
Wärmeisolation gegenüber allen Bauteilen der Anlage, die sich auf
Umgebungstemperatur befinden. Das gesamte Spulensystem ist daher in einem Kryostaten
angeordnet, wo es durch eine Vakuumisolation und gekühlte Zwischenflächen
wärmeisoliert wird. Die innere Wand des Kryostaten ist die Wand des
Plasmagefäßes. Es ist mit mehr als 300 Öffnungen für Beobachtungs-
und Heizstutzen ausgestattet, die thermisch isoliert durch den kalten Spulenbereich
hindurchgeführt werden.
Das Magnetfeld des Spulensystems von WENDELSTEIN 7-X speichert beim Betrieb
des Experiments große Energiemengen von rund 600 Megajoule. Zum Schutz der Spulen
wird daher ein zuverlässiges Abschaltsystem aufgebaut, das bei einer Störung der
Stromversorgung oder dem plötzlichen Zusammenbruch des supraleitenden
Zustandes diese magnetische Energie kontrolliert abbaut, indem es den Strom über schnelle
Schalter zu Widerständen umleitet.
Die Aufheizung des Plasmas geschieht im Dauerbetrieb über Mikrowellenstrahlen
mit einer Frequenz von 140 Gigahertz und einer Leistung von 10 Megawatt. Die
Mikrowellen werden in speziellen Senderöhren, sogenannten Gyrotrons, erzeugt,
über Metallspiegel umgelenkt und in das Plasma fokussiert. Dort heizen sie bevorzugt
jene Elektronen, welche im Magnetfeld gerade in Resonanz zur eingestrahlten Frequenz
rotieren.
Die Ionen des Plasmas können zusätzlich mit Radiowellen einer Leistung von
4 Megawatt aufgeheizt werden. Durch die Neutralteilchenheizung, die
energiereiche Wasserstoffatome einer Leistung bis zu 20 Megawatt in das Plasma
hineinschießt, können die Temperatur und die Dichte des Plasmas weiter
erhöht werden.
Zur Absicherung des technischen Entwurfs von WENDELSTEIN 7-X dienten
umfangreiche Forschungsarbeiten. Zunächst wurde der Supraleiter in mehreren
Schritten entwickelt und verbessert. Der Leiter besteht aus 243 Einzeldrähten, die in
mehreren Stufen zu einem Seil gewunden werden. Diese Verseilung verhindert, dass sich die
Einzeldrähte durch die hohen Lorentzkräfte im Magnetfeld gegeneinander
bewegen können. Zur zusätzlichen Verstärkung wird das Seil in eine
Aluminiumhülle eingeschlossen. Der Hohlraum zwischen den Drähten des Seils
und der Aluminiumhülle wird als Kühlkanal für das flüssige Helium
genutzt. Die Legierung der Aluminiumhülle wurde so ausgewählt, dass der Leiter
im weichen Ausgangszustand gut gewickelt und danach durch Erwärmen auf 170 Grad
Celsius ausgehärtet werden kann. In diesem versteiften Zustand kann er den starken
Kräften beim Betrieb der Maschine standhalten. Aus den Prototypleitern wurden
schließlich Zylinderspulen gewickelt und im Teststand STAR des Forschungszentrums
Karlsruhe elektromagnetisch und hydraulisch bei den späteren Betriebswerten
geprüft.
Zur weiteren Vorbereitung wurden eine supraleitende Prototypspule in
Originalgröße und ein Teilstück des Kryostaten gefertigt, um die
Herstellbarkeit und die Funktion der Bauteile bei Betriebsbedingungen nachzuweisen.
Beim Bau der Prototypspule wie auch der späteren Serienspulen kommt es darauf an,
die Sollform innerhalb weniger Millimeter einzuhalten und den Stromleiter so zu versteifen,
dass er den starken Lorentzkräften standhält. Bei der Fertigung müssen die
einzelnen Leiterwindungen daher sehr präzise in ihre Wickelform gepresst werden.
Zur elektrischen Isolation wird der Leiter wie auch das gesamte Wickelpaket mit Bandagen
aus Glasfaser umwunden und zur Versteifung mit Epoxidharz imprägniert. Um das Wickelpaket
zusätzlich zu verstärken, wird es in ein Stahlgehäuse eingeschweißt.
Dabei konnte der Prototyp sowohl für die Spulenwicklung wie auch für die
Gehäuseschalen eine Maßgenauigkeit von einem Promille erreichen. Der
Zwischenraum zwischen den Spulenwicklungen und dem Stahlgehäuse wird mit
Quarzsand und Epoxidharz ausgefüllt, so dass eine gleichmäßige
Kraftübertragung vom Wickelpaket auf das Gehäuse gewährleistet ist.
Die Prototypspule wurde 1998 fertiggestellt und anschließend im Forschungszentrum
Karlsruhe in der Spulentestanlage TOSKA geprüft. Dabei wurden bei Leiterströmen
bis zu 19 Kiloampere die geforderten elektrischen Eigenschaften nachgewiesen. Um
die elektromagnetischen Belastungen der Spulen während des späteren Betriebs von
WENDELSTEIN 7-X zu simulieren, wurde die Prototypspule in TOSKA dem starken
Magnetfeld der großen europäischen LCT-Spule (Large Coil Task) ausgesetzt. Auch
unter höchsten Belastungen von 10,6 Meganewton blieben die Verformungen der Spule wie
zuvor berechnet – im elastischen Bereich.
Das Kryostat-Stück, ein Achtel des Stellarators in Originalgröße, sollte
zeigen, dass das kompliziert geformte Plasmagefäß entsprechend den engen
Maßtoleranzen gefertigt, der Zusammenbau des Kryostaten wie geplant ausgeführt
und eine ausreichend gute Wärmeisolation der suprakalten Teile erreicht werden
kann. Dazu wurden Außen- und Innenwand sowie Kühlleitungen,
Kälteschild, Superisolation und die Stutzen in Originalausführung
gefertigt; die Spulen wurden durch Platzhalter ersetzt. Bereits beim Zusammenbau der
Komponenten konnten wichtige Erkenntnisse für die Detailkonstruktion von
WENDELSTEIN 7-X gewonnen werden. Die Messungen der Wärmeisolation beim
abschließenden Test mit flüssigem Helium zeigten, dass die Vorgaben für den
Wärmeeinfall auf die tiefkalten Teile von WENDELSTEIN 7-X erhöht
und die Kühlung der Spulen verbessert werden muss.
Entwicklungsbedarf bestand auch bei den Mikrowellensendern zur Aufheizung der
Elektronen. Diese Gyrotrons wurden bisher industriell nur für Heizpulse von wenigen
Sekunden und Leistungen von einigen 100 Kilowatt gebaut. Das Plasma von
WENDELSTEIN 7-X soll jedoch kontinuierlich durch zehn Mikrowellensender mit
je 1 Megawatt Ausgangsleistung geheizt werden. Dazu ist der Aufbau der Gyrotrons so
zu verändern, dass die Ausgangsleistung bei verbessertem Wirkungsgrad erhöht
und die Kühlung optimiert ist. Das Gyrotron verlassen die Mikrowellen durch
Diamantfenster; sie werden dann durch eine Vielzahl von gekühlten Umlenkspiegeln
zum Plasma übertragen. Das gesamte Mikrowellensystem wird durch das
Forschungszentrum Karlsruhe beigestellt. Das Forschungszentrum koordinierte die Arbeiten,
die im Verbund mit dem IPP in Garching und Greifswald, dem Institut für Plasmaforschung der
Universität Stuttgart, dem Fusionslaboratorium der Polytechnischen Hochschule in Lausanne
und der europäischen Industrie ausgeführt wurden. Im Jahr 2001 lieferte ein erster
Gyrotron-Prototyp bei einer Frequenz von 140 Gigahertz mit gutem Wirkungsgrad eine
Leistung von einem Megawatt für mehrere Sekunden. Bei geringeren Leistungen konnten die
Heizpulse bis auf mehrere Minuten Dauer ausgedehnt werden
Das Stellaratorkraftwerk
Das Stellaratorkraftwerk
Durchmesser der Anlage (über alles): | |
50 Meter |
Höhe (über alles): | |
15 Meter |
Großer Plasmaradius: | |
18 Meter |
Mittlerer kleiner Plasmaradius: | |
2,1 Meter |
Plasmavolumen: | |
1600 Kubikmeter |
Plasmagewicht: | |
0,2 – 1,5 Gramm |
Anzahl der modularen Spulen: | |
40 |
Plasmastrom: | |
0 |
Magnetfeld (Achse): | |
5 Tesla |
Maximalfeld (Spule): | |
10 Tesla |
Neutronenwandbelastung: | |
≤ 1 Megawatt pro m 2 |
Pulsdauer: | |
Dauerbetrieb |
Startheizung: | |
50 – 80 Megawatt |
Fusionsleistung: | |
3000 Megawatt |
|
Die seit 1992 laufenden Studien zu einem Stellaratorkraftwerk nach dem Helias-Prinzip
zeigen, dass dieses Konzept eine echte Alternative zu einem Tokamakkraftwerk sein könnte.
„Helias” steht dabei für „Helical Advanced Stellarator”. Der
besondere Vorteil des Stellarators liegt in seiner Fähigkeit zum Dauerbetrieb und dem
Fehlen eines toroidalen Plasma-stromes. Dadurch entfallen sowohl die Einrichtungen zum Erzeugen
und Regeln dieses Stromes als auch die Gefahr einer Stromabbruchinstabilität.
Helias-Konfigurationen – wie das gegenwärtig im IPP-Teilinstiut Greifswald
entstehende Stellaratorexperiment WENDELSTEIN 7-X zeichnen sich unter anderem
durch eine helikal gewundene magnetische Achse aus. Das Hochrechnen der WENDELSTEIN-Konfiguration
auf Kraftwerksgröße führt zu einem großen Plasmaradius von
22 Metern und einem mittleren kleinen Plasmaradius von 1,8 Metern. Modifiziert
man die Konfiguration von WENDELSTEIN 7-X etwas und geht von fünf auf
4 Feldperioden zurück, dann wird das Kraftwerk mit 18 Metern für den
großen Radius und einem kleinen Plasmaradius von im Mittel 2,1 Metern kompakter
und benötigt nur 40 anstelle von 50 modulare Spulen. Mit einem Magnetfeld
von 5 Tesla im Plasma und 10 Tesla auf den Spulen ist das Feld klein genug, um die
technisch einfach herzustellenden Niob-Titan-Supraleiter verwenden zu können. Die in
dem Spulensystem gespeicherte Magnetfeldenergie, die auch ein ungefähres Maß
für die Kosten des Spulensystems ist, liegt mit 100 Gigajoule etwas unterhalb der
Magnetfeldenergie eines Tokamakkraftwerks.
Wegen der relativ großen Fläche der ersten Wand von 2600 Quadratmetern
liegt die mittlere Belastung durch Neutronen unter einem Megawatt pro Quadratmeter, was
sich günstig auf die Lebensdauer der Wandverkleidung auswirkt. Eine detailliertere
Studie zu den technischen Komponenten wie Spulensystem, Blanket und Abschirmung soll zeigen,
dass der Heliasreaktor eine konkurrenzfähige Alternative zu anderen
Kraftwerkskonzepten ist.
Nach jetzigem Kenntnisstand sind die plasmaphysikalischen Bedingungen für die
Zündung eines Heliaskraftwerks erfüllbar. Die theoretische Stabilitätsgrenze
für den Plasmadruck liegt hoch genug, so dass bei den angestrebten Plasmatemperaturen
und -dichten ein magnetohydrodynamisch stabiler Betrieb zu erwarten ist. Numerische
Rechnungen zeigen, dass die neoklassischen, d. h. stoßbestimmten Transportverluste
deutlich niedriger liegen als bei herkömmlichen Stellaratoren, so dass sie die Zündung
nicht beeinträchtigen. Für die anomalen Transportverluste liefern die
gegenwärtigen Stellaratorexperimente mehrere Skalierungsgesetze, die in der
Extrapolation zum Kraftwerk auf unterschiedliche Ergebnisse führen.
Skalierungsgesetze, die allein auf Messungen in WENDELSTEIN 7-AS und dem
japanischen Experiment LHD beruhen, bestätigen in der Hochrechnung auf den
Heliasreaktor die Zündung. Ein Verbesserungsfaktor – wie zum Beispiel im
H-Regime der Tokamaks – ist nicht notwendig. Wegen der speziellen Eigenschaften der
Heliaskonfiguration wird sogar noch eine Verminderung des anomalen Transports erwartet.
Gewissheit über das Auftreten dieses Effektes kann aber nur das Experiment
WENDELSTEIN 7-X liefern.
Quellen
[1] Max-Planck-Institut für Plasmaphysik – IPP Greifswald und Garching
⇦ Kapitel
Kapitel ⇨