Jetzt wenden wir uns den zeitabhängigen Magnetfeldern zu, bei denen neue Phänomene in Erscheinung treten. Wir werden uns allerdings nur auf Zeitabhängigkeiten beschränken, die verhältnismäßig langsam ablaufen. Das bedeutet, dass die typischen Änderungszeiten für die betrachteten Vorgänge lang sind, im Verhältnis zu den Ausbreitungszeiten der elektromagnetischen Wellen.
Das hat den Vorteil, dass unterschiedliche Rahmenbedingungen einheitlich betrachtet werden können. In der Realität erfolgt die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen und elektromagnetischer Felder blitzartig. Derartige endliche Verzögerungen werden wir nachfolgend vernachlässigen, und quasi im Vergleich dazu „schneckenhaft” langsame Veränderungen betrachten.
Wenn man zum Beispiel einen Permanentmagneten durch eine Spule fallen lässt, während diese nur an einem Oszilloskop angeschlossen ist, entsteht trotzdem ein Signal in Form einer Schwingung, obwohl kein Strom fließt. Was ist die Ursache für diesen Effekt? Nun, wenn der Magnet in die Nähe der Spule kommt, steigt das magnetische Feld bei Eintritt an, und wenn der Magnet wieder austritt, sinkt das Feld wieder ab. Die Schwingung im Oszilloskop schlägt zunächst einseitig aus. Auf der Gegenseite fällt der Ausschlag der Schwingung höher aus, was je nach Spulenanordnung mit der höheren Fallgeschwindigkeit des Magneten beim Durchlauf zu tun hat.
Beim Ansteigen und beim Abfallen des Feldes macht sich an der Spule eine Spannung bemerkbar. Man bezeichnet das auch als „indizierte Spannung”. Die Höhe des Signals bzw. der Amplitude ist proportional zur Änderungsgeschwindigkeit des Magnetfeldes. Je schneller es sich ändert, desto höher werden die Signale.
Wenn man mit zeitabhängigen magnetischen Feldern zu tun hat, treten neue Effekte auf. Wie das Beispiel zuvor beschrieben, bewirkt ein Permanentmagnet im freien Fall, der durch eine Spule hindurchtritt, dass an den Enden dieser Spule eine Spannung messbar wird. Diese Induktionsspannung ist proportional zur Geschwindigkeit der Bewegung.
Die Spannung, die in so einem Leiterkreis (Spule) entsteht, hängt davon ab, wie schnell sich das magnetische Feld ändert.
Das Integral über den Spannungsimpuls ist unabhängig von der Geschwindigkeit der Bewegung. Eine höhere Geschwindigkeit bedeutet eine höhere Induktionsspannung, aber nur einen halb so breiten Impuls.
Andererseits hat die Fläche, die von einem Leiterkreis umschlossen wird, Einfluss auf die Spannung. Insbesondere dann, wenn das Magnetfeld konstant bleibt. Eine solche Änderung des magnetischen Flusses kann man somit dadurch erreichen, indem eine Leiterschleife in dem Magnetfeld geschwenkt wird.
Grafik (wird später eingefügt)
Wenn zum Beispiel die Leiterschleife in einem magnetischen Feld um 90° geschwenkt wird, streift das magnetische Feld jetzt nur noch parallel entlang. Da in diesem Fall das magnetische Feld, obwohl konstant, nicht mehr durch die Fläche der Leiterschleife hindurchtritt, kommt es zu einer erheblichen Änderung des magnetischen Flusses. Und bereits dadurch kann eine Induktionsspannung beobachtet werden. Auf dieses Art und Weise lassen sich Spannungen erzeugen, wie das bei einem Generator der Fall ist.
Hierzu möchten wir gedanklich eine Versuchsanordnung betrachten. Nehmen wir an, wir haben einen Leiterkreis oder eine Spule, bestehend aus mehreren solcher Leiterkreise mit offenen Leiterenden. Wenn man jetzt einen Stabmagneten hineinschiebt, wird dadurch eine Änderung des magnetischen Feldes verursacht, sowie eine Änderung des magnetischen Flusses durch die von dem Leiterkreis umschlossene Fläche. Wodurch letztlich eine Spannung induziert wird.
Wenn es sich dagegen um eine geschlossene Spule handelt, wird aufgrund dieser Induktionsspannung in der Spule ein Strom zu fließen beginnen. Allerdings spricht man dabei nie von einem induzierten Strom, sondern nur von einer „induzierten Spannung”. Ob jedoch wirklich ein Strom fließt, hängt somit von den Verhältnissen ab, also ob ein Leiterkreis geschlossen ist oder offen.
Wenn aber ein Strom zu fließen beginnt, wird seinerseits ein Magnetfeld entstehen. Als Folge davon wird der Stabmagnet das Magnetfeld spüren. Nun wird es so sein, dass der Stabmagnet entweder durch das Magnetfeld noch mehr beschleunigt wird oder es wird ihn abbremsen. In diesem Fall wird das Magnetfeld den Stabmagneten wegen der Energieerhaltung abbremsen.
Insofern wird ein Teil seiner kinetischen Energie in eine andere Energieform umgewandelt. Da die Spule einen gewissen Ohm'schen Widerstand hat, und der Strom zu fließen beginnt, wird er den Leiter aufwärmen. Diese freigesetzte Wärme, entspricht genau der Energie, die dem Magneten entzogen wurde.
Diese Behinderung in der Bewegung des Stabmagneten wird durch die Lenz'sche Regel definiert.
Die „Lenz'sche Regel” besagt, dass die induzierte Spannung zu einer Behinderung des induzierenden Vorgangs führt. Es ist aber nicht die induzierte Spannung selbst, die diesen Vorgang behindert. Sondern die Spannung hat zunächst den Strom zur Folge. Der Strom seinerseits bewirkt ein Magnetfeld. Und das Magnetfeld behindert schließlich den Stabmagneten.
In allen Fällen geht es um die induzierte Spannung längs eines Leiterkreises. Hier reicht die Definition der Spannung, „Spannung ist Potentialdifferenz”, nicht mehr aus. Zutreffender ist vielmehr, dass die elektrische Spannung „Arbeit pro Ladungseinheit” ist.
Demnach gilt für die induzierte Spannung:
Bei diesem Formalismus geht es nicht um Potenziale oder Potenzialdifferenzen. Denn wenn
dieses Ringintegral ≠ null ist, dann hat man nicht mehr die
Situation, dass das Integral längs jeder geschlossenen Kurve
Für den magnetischen Fluss gilt:
Es geht demnach um eine elektrische Spannung und einen magnetischen Fluss.
Grafik (wird später eingefügt)
Im Grunde geht es um eine Spannung längs des gesamten Leiterkreises. Die
Daraus ergibt sich das Faraday'sche Induktionsgesetz:
Wie verhält es sich mit dem Zeitintegral?
Diese Beziehung lässt sich durch Substitution umformen, und mit anschließender Integration erhält man:
Am Anfang und am Ende hat der magnetische Fluss ϕm einen bestimmten Wert. Daher wird die Differenz immer konstant sein, wobei die Änderungsgeschwindigkeit keine Rolle spielt.
Jetzt gibt es aber einen interessanten Zusammenhang zwischen dem Induktionsgesetz und der Lorentz-Kraft. Bei der Lorentz-Kraft war es ja so, wenn man einen Ladungsträger in einem magnetischen Feld bewegt, wird eine Kraft auf den Ladungsträger ausgeübt.
Grafik (wird später eingefügt)
Was das mit nun dem Induktionsgesetz zu tun hat, zeigt folgende Überlegung:
Hierzu stellt man sich gedanklich eine rechteckige Leiterschleife vor. Ein konstantes äußeres Magnetfeld tritt durch diese Schleife hindurch. Des Weiteren nehmen wir an, dass die Leiterschleife veränderlich ist. Deshalb ist ein elektrischer Schleifkontakt angeschlossen, der sich auf der Schleife bewegen lässt. Die Fläche, die von der Leiterschleife eingeschlossen wird, definieren wir mit l · b.
Der Schleifkontakt wird sich mit einer Geschwindigkeit bewegen. Aufgrund der Geometrie sind drei Teile des rechteckigen Leiters in Ruhe und nur ein Teil bewegt sich. Wenn nun eine Kraft auf den beweglichen Schleifkontakt ausgeübt wird, werden sich die Ladungsträger zu bewegen beginnen. Und wenn diese Leitungselektronen in dem magnetischen Feld bewegt werden, wirkt senkrecht zu beiden eine Kraft. Aufgrund dessen wird in der Schleife eine Spannung auftreten und dementsprechend ein Strom fließen.
Andererseits lässt sich das auch aus Sicht des Induktionsgesetzes auffassen. Hierzu betrachten wir die gleiche Geometrie. Die Leiterschleife bewegt sich jetzt flexibel in einem konstanten Magnetfeld. Dadurch, dass man den Schleifkontakt verschiebt, verändert man die Fläche und damit auch den magnetischen Fluss, welcher durch die Fläche hindurchtritt. Und in ähnlicher Weise wird ein Strom zu fließen beginnen.
Die Eckpunkte des Schleifkontakts bezeichnen wir mit P und Q. Die beiden anderen Eckpunkte der Fläche mit R und S. Nun werden wir die Lorentz-Kraft dem Induktions-Gesetz gegenüberstellen und untersuchen, ob es einen Zusammenhang gibt.
Zunächst untersuchen wir obige Geometrie anhand der „Lorentz-Kraft” und betrachten insbesondere das Leiterstück PQ. Dieses Leiterstück (Schleifkontakt) wird mit der Geschwindigkeit bewegt. Als Folge davon wirkt eine Lorentz-Kraft auf eine Ladung q. Weil alles senkrecht zueinander angeordnet ist, lässt sich die Kraft skalar beschreiben. Die Kraft lässt sich definieren als:
Die Kraft aus Sicht des Schleifkontakts lässt sich auch interpretieren. Wenn in einem Leiter eine Kraftwirkung auf die Ladungsträger entsteht, dann wird der Leiter das so interpretieren, als wenn aus seiner Sicht ein elektrisches Feld vorhanden ist. Dieses elektrische Feld führt zu dieser Kraftwirkung. Und dieser Kraftwirkung entspricht ein elektrisches Feld E .
Daraus folgt:
Durch Einsetzten erhält man für das elektrische Feld:
Bezogen auf die Spannung ergibt sich:
l ist der Abstand zwischen P und Q
Um das Induktionsgesetz” verwenden zu können, benötigt man den magnetischen Fluss durch die Leiterschleife in obigem Beispiel.
Da sich die Länge b der Leiterschleife ändert, ergibt sich daraus für den magnetischen Fluss:
Durch Differentiation nach t erhält man:
Unter Anwendung des Induktionsgesetzes ergibt sich::
Und damit kommt in beiden Fällen (s.o.) das Gleiche heraus.
Abschließend lässt sich Induktionsgesetz noch umformen in eine differentielle Form.
Die Spannung in einer geschlossenen Leiterschleife (s.o.) ist definiert als:
Nach dem Stokes'schen Integralsatz lässt sich das auch umformen und als Flächenintegral schreiben:
Andererseits gilt für das Flächenintegral des magnetischen Flusses (s.o.):
Wenn dieses Flächenintegral nach der Zeit abgeleitet wird, folgt daraus:
Da diese Beziehung für alle beliebigen umschlossenen Flächen gelten soll, gilt es auch für die Integranden. Und damit erhält man:
Und das ist die 4. Maxwell-Gleichung.
Somit haben wir aus dem Induktionsgesetz die 4. Maxwell-Gleichung erhalten. Hierbei handelt es sich wieder um eine homogene Gleichung. Diese Maxwell-Gleichung sagt im Wesentlichen aus, dass eine zeitliche Änderung des magnetischen Feldes zu einem elektrischen Wirbelfeld führt.
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