Bisher ging es in der Kinematik um die Leere von den Bewegungen, also um die Frage, was ist die Ursache für diese Bewegungen. In diesem Bereich geht es jetzt insbesondere um Geschwindigkeiten und Beschleunigungen. Und die „Dynamik” beschäftigt sich mit der Frage nach dieser Ursache.
Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass für die Bewegungen und die Beschleunigungen Kräfte angenommen werden können, die auf die betrachteten „Massenpunkte” wirken. Das bedeutet, dass der Bewegungsablauf eines Massenpunktes beeinflusst wird durch Wechselwirkungen mit der Umgebung. Demnach müssen diese Wechselwirkungskräfte eine gewisse Reichweite haben.
Da gibt es einerseits sehr lange Reichweiten bis hin zu unendlicher Reichweite. Bisher geht man davon aus, dass dies bei der „Gravitationskraft” der Fall ist. Aber auch die elektromagnetische Kraft ist eine solche unendlich weitreichende Kraft. Daneben gibt es noch zwei weitere Kräfte. Die starke und die schwache Wechselwirkung. Diese haben allerdings extrem kurze Reichweiten. Wobei die Reichweite der starken Wechselwirkung auf den Bereich der Atomkerne beschränkt ist. Insbesondere die Kräfte mit kurzer Reichweite sind so beschaffen, dass sie bereits im Bereich der Atomhülle, wo sich die Elektronen befinden, die starke Wechselwirkung gar nicht mehr spüren.
Der erste, der das erkannt hat, war Newton. Deshalb wird die „Krafteinheit” auch nach ihm benannt. Er hat nämlich erkannt, dass der Begriff der Kraft physikalisch gesehen ein zentraler Begriff ist der uns hilft, die Dinge zu interpretieren. Um mit dieser Kraft entsprechend umzugehen, und mit Hilfe des Kraftbegriffes die Mechanik aufbauen zu können, benötigt man gewisse Grundgesetze. Diese Gesetze werden im Bereich der klassischen Mechanik als „Axiome” bezeichnet. Genauer gesagt als die „Newton'schen Axiome”. Eigentlich kommt dieser Begriff aus der Mathematik. Ein Axiom ist ein nicht weiter beweisbarer Satz, den man annimmt und aus welchem dann weitere Folgerungen gezogen werden.
Man legt also gewisse „Sätze” einfach zugrunde, auch wenn sie zunächst nicht beweisbar sind. Entscheidend ist allerdings, dass die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen mit der Erfahrung zusammenpassen. Dieses Vorgehen ist in anderen Bereichen der Physik ebenfalls sehr wichtig, etwa in der Elektrodynamik. Dort gibt es auch solche Grundgleichungen, auf denen die Elektrodynamik aufbaut. Das sind die schon mehrfach erwähnten Maxwell-Gleichungen.
Halten wir zunächst fest: Wir können die Kräfte als Ursache von Beschleunigungen eines Körpers ansehen. Das heißt im Umkehrschluss, wenn keine Kraft wirkt, gibt es keine Beschleunigung.
Das dem so ist, besagt das 1. Newton-Axiom. Man bezeichnet es auch als „Trägheitssatz”.
Ein kräftefreier Körper, auf den keine Kraft wirkt, bleibt entweder in Ruhe oder in gleichförmiger geradliniger Bewegung, also unbeschleunigt.
Das bezieht sich allerdings nicht auf jedes Bezugssystem. Es trifft nur auf Systeme zu, in denen der Trägheitssatz gilt. Diese Systeme nennt man deshalb auch „Inertialsysteme”.
Letztlich kann man nur in experimentellen Untersuchungen herausfinden, ob ein betrachteter Körper als kräftefrei anzusehen ist.
Hierzu führen wir den Begriff des „Impulses” ein. Den Impuls definiert man wie folgt:
m Masse des Teilchens
Geschwindigkeit
Bei der Masse handelt es sich um die „träge” Masse eines Körpers. Daneben wird nämlich in der Physik auch eine zweite Art von Masse betrachtet: Die „schwere” Masse. In zahlreichen Experimenten mit hoher Präzision hat sich herausgestellt, dass diese beiden Arten letztlich immer proportional zueinander sind. Und so hat man sich darauf geeinigt, dass man letztlich nur eine Masse betrachtet. Dennoch ist es äußerst wichtig, diese zwei unterschiedlichen Begriffe gut auseinanderhalten, wie wir noch sehen werden.
In Verbindung mit der Relativitätsmechanik hat man erstmals verstanden, dass diese beiden Massen immer proportional zueinander sind. Und so kann man sie als „wesensgleich” ansehen.
Das zweite Newton-Axiom bezeichnet man auch als „Aktionssatz”.
Jede Impulsänderung eines Körpers wird hervorgerufen durch eine Kraft. Eine Kraft wird angesehen als zeitliche Änderung eines Impulses.
Die zeitliche Änderung des Impulses definiert man wie folgt:
Kräfte werden also angesehen als Ursachen von zeitlichen Änderungen des Impulses. Auch das gilt wieder nur in einem Inertialsystem.
Zur Zeit Newtons ist man davon ausgegangen, dass sich die Masse nicht ändert, wenn sich ein Bewegungszustand ändert. Bei der relativistischen Mechanik jedoch kann die Masse nicht als unabhängig vom Bewegungszustand angesehen werden. Nur für die normalen Geschwindigkeiten unseres Alltags bleibt die Definition erhalten. Aber wenn wir uns der Lichtgeschwindigkeit annähern, ändert sich die Physik komplett. Dort kommt es dann zu wesentlichen Veränderungen der Masse in Zusammenhang mit den Bewegungsänderungen. Doch in den allermeisten Fällen die uns in der klassischen Mechanik interessieren, kann man davon ausgehen, dass es eine konstante Masse gibt.
Falls m = const, lässt sich das 2. Newton-Axiom wie folgt umschreiben:
Wenn zum Beispiel eine konstante Kraft auf einen bestimmten Körper mit einer Masse von
1 kg wirkt, dann wird es eine gewisse Beschleunigung geben. Wenn
jetzt die gleiche unveränderte Kraft auf einen Körper mit einer Masse von
10 kg wirkt, beträgt die Beschleunigung nur noch
Also, je größer die Masse des Körpers ist, desto weniger wird er beschleunigt
werden. Das bedeutet wiederum, dass dieser Körper sich umso mehr einer Beschleunigung
seiner selbst widersetzt, je größer seine Masse ist. Man sagt auch, dass er umso
„träger” ist. Die Masse m charakterisiert demnach
die Trägheit des Körpers. Daher nennt man m auch die
Wenn man nun eine solche Masse betrachtet, wird sie mit einer gewissen Kraft zur Erde gezogen. Das ist, was man unter dem „Gewicht” eines Körpers versteht, sprich wie stark er zur Erde gezogen wird. Folgendes muss man sich immer vor Augen halten: Das Gewicht ist eine „Kraft”. Die Masse ist ein „Skalar”. Und wenn jetzt der Körper eine größere Masse hat, dann wird dieser auch stärker zur Erde angezogen. Gleichzeitig wird er aber auch träger. Die Trägheit, als grundlegende Eigenschaft eines Körpers mit einer Masse, bleibt bestehen.
Oder wenn wir an die Elektrostatik denken. Entladen (durch Erdung) kann man Körper schon, entmassen (das man ihnen die Schwere wegnimmt) kann man dagegen nicht. Der Unterschied ist, dass die Masse, die man als „schwere” Masse bezeichnet, dafür verantwortlich ist, das sich zwei Massen anziehen. Die Anziehung muss zunächst aber noch nichts mit der Trägheit, im Sinne einer Beschleunigungsmöglichkeit, zu tun haben. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass diese beiden Dinge immer Hand in Hand gehen. Das ist ein wesentlicher Grund dafür, warum man gerne Masse und Gewicht miteinander verwechselt.
So sagt man oft: "Auf dem Mond hat ein Körper eine kleinere Masse". Das stimmt genaugenommen nicht. Er hat ein kleineres Gewicht, weil er weniger stark angezogen wird. Wir werden bei der Gravitationskraft später nochmals näher darauf eingehen. Die träge Masse ist also eine Größe, welche die Trägheit gegen eine Beschleunigung charakterisiert, wogegen die schwere Masse aussagen will, wie stark die Masse von einer anderen Masse angezogen wird. Die „schwere” Masse geht immer Hand in Hand mit der „trägen” Masse.
Ein Spezialfall ist gegeben, wenn eine konstante Kraft ₀ vorliegt. Bei einer konstanten Beschleunigung und konstanter Masse ergibt sich daraus:
Darunter versteht man auch eine gleichförmig beschleunigte Bewegung.
Laut Kinematik ergibt sich für die Geschwindigkeit:
Und für den Ortsvektor gilt:
Falls man einen kräftefreien Körper hat
Das ist nichts anderes als eine geradlinig gleichförmige Bewegung.
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