Wirbelstrukturen im
4 - dimensionalen
gekrümmten Raum
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Der Goldene Winkel


Wie wachsen Pflanzen?

Die Botaniker Alexander Braun und Carl Schimper unter­suchten ab den 1830er Jahren zum Beispiel die Wachstums Geometrien in der Pflanzen­welt. So fanden sie heraus, dass die Abfolge der Blätter am Stängel einer Pflanze teils eine symme­trische und teils eine spiralige Blatt­stellung auf­weisen. Bei der symme­trischen Anordnung stehen sich jeweils zwei Blätter gegen­über. Bei der asymme­trischen Blatt­stellung sind die einzelnen Blätter wie eine Spirale angeord­net. [x]

Interessanter Weise spricht man deshalb auch neben dem Goldenen Schnitt vom Goldenen Winkel. Er weist die gleichen bemerkens­werten Besonder­heiten auf.

Bei den meisten Pflanzen bilden sich neue Organe wie Stängel, Blätter und Blüten von einem winzigen zentralen Vegetations­punkt aus, dem Meristem oder Bildungs­gewebe. Von diesem Zentrum aus wächst jede neue Anlage der Pflanze in eine andere Richtung, und zwar in einem bestimmten Winkel zur vor­herigen Anlage. Bei den meisten Pflanzen werden die neuen Anlagen in einem ganz speziellen Winkel angelegt, durch den schließlich ein Spiral­muster ent­steht. Was ist das für ein Winkel?

Stellen wir uns vor, man müsste eine Pflanze entwerfen, deren Anlagen so dicht um den Vegetations­punkt gruppiert sein sollen, dass keinerlei Platz verloren geht. Ange­nommen, man würde sie so konstruieren, dass sich beispiels­weise immer nach zwei Fünfteln einer Drehung eine neue Anlage bilden würde (als Bruch ausge­drückt: 2/5). In diesem Fall würde jede fünfte Anlage wieder direkt über dem Ausgangs­punkt entstehen und in die gleiche Richtung wachsen. Auf diese Weise entstünden zwar Reihen, aber man hätte das Problem, dass zwischen den Reihen Lücken auf­treten, und damit Platz verloren geht. Das Problem würde sich über die ganze Pflanze aufsum­mieren, denn bei jeder Drehung, die sich in Form eines einfachen Bruchs ausdrücken lässt, entstünden Reihen bei denen der Platz nicht optimal genutzt wird. Nur bei einer Drehung im Goldenen Winkel von ungefähr 137,5° sind die Anlagen optimal dicht und absolut Platz sparend angeordnet. Wieso ist gerade dieser Winkel so ideal?

Der Goldene Winkel lässt sich nicht als Bruch aus ganzen Zahlen darstellen.

Der Bruch 5/8 einer Umdrehung kommt annähernd an diesen Winkel heran, 8/13 noch näher und 13/21 nochmals näher. Diese Brüche kennen wir bereits aus der Fibonacci-Folge. Interessanter­weise lässt sich der Winkel, der einen Kreis im Maßverhältnis des Goldenen Schnitts teilt, durch keinen einfachen Bruch exakt aus­drücken. Das bedeutet:
Wenn sich eine neue Anlage jedes Mal in diesem bestimmten Winkel zur vorherigen ausbildet, stehen niemals zwei Anlagen genau über­einander. Auf diese Weise bilden sie nicht strahlen­förmige Arme, sondern Spiralen.

Jedes Blatt an einer Pflanze bildet zum nächst höheren somit einen bestimmten Winkel (Divergenz). Folgt man der Anordnung der Blätter, so wird man spiralig um den Stiel herum­geführt. Erst ein ganz bestimmtes Blatt zeigt dann annähernd wieder in die gleiche Richtung wie das erste Blatt. Bis zu dieser Ausgangs­stellung wird eine bestimmte Anzahl von Windungen zurück­gelegt. Dies wird als Blatt­zyklus bezeichnet und in Bruch­zahlen angegeben. Winden sich beispiels­weise fünf Blätter in zwei Windungen um den Stiel bis die Ausgangs­stellung wieder erreicht ist, dann spricht man von einem Blatt­zyklus von 2/5. Eine Computer­simulation ergibt, dass das Spiral­muster nur dann erkennbar ist, wenn sich die Anlagen vom Vegetations­punkt aus mit großer Genauigkeit im Goldenen Winkel zum Vorgänger ausbilden. Bei einer Abweichung von nur einem Zehntel Grad verliert sich der Spiraleffekt.

Hinter der offensichtlich asymmetrischen Blattanordnung verbirgt sich dennoch wieder eine Regelmäßigkeit, eine Symmetrie.

Im Pflanzenreich kommen verschiedene Arten von Blatt­zyklen vor, wobei einige besonders oft auftreten. Trägt man das gesamte Spek­trum der verschieden­artigen, tatsäch­lich in der Natur vorkommenden Blatt­zyklen zusammen, so entsteht folgende Reihe:


1/2 - 1/3 - 2/5 - 3/8 - 5/13 - 8/21 - 13/34 - 21/55 ... 24157817 / 14930352 ... .

Es handelt sich bei der Zahlen­reihe sowohl im Nenner als auch im Zähler jeweils um Zahlen, die wir als die Fibo­nacci-Folge kennen­gelernt haben, nur ledig­lich um zwei Stellen verschoben.

Bezogen auf den Vollkreis ergeben sich nach­folgende Winkel. Je größer die Zahlen im Zähler und Nenner werden, desto weiter nähert sich das Verhältnis dem Goldenen Winkel an.





Der Goldene Winkel

Nr.  Verhältnis Winkel
  l  1 / 1  360,000000°
  2  2 / 1  180,000000°
  3  3 / 2  120,000000°
  4  5 / 3  144,000000°
  5  8 / 5  135,000000°
  6  13 / 8  138,461538°
  7  21 / 13  137,142857°
  8  34 / 21  137,647059°
  9  55 / 34  137,454545°
 10  89 / 55  137,528090°
 11  144 / 89  137,500000°
 12  233 / 144  137,510730°
 13  377 / 233  137,506631°
 14  610 / 377  137,508197°
 15  987 / 610  137,507599°
 16  1597 / 987  137,507827°
 17  2584 / 1597  137,507740°
 18  4181 / 2584  137,507773°
 19  6765 / 4181  137,507761°
 20  10946 / 6765  137,507765°
 21  17711 / 10946  137,507763°
 22  28657 / 17711   137,507764° 
 ...   ...   ...


Zum besseren Verständ­nis sei erwähnt, den Goldenen Winkel erhält man, wenn der Voll­winkel im Goldenen Schnitt geteilt wird.

Das führt zunächst auf den über­stumpfen Winkel:


In der Regel wird aber dessen Ergänzung zum Voll­winkel als Goldener Winkel bezeichnet:


Das hängt damit zusammen, dass Drehungen um ±2π keine Rolle spielen und das Vorzeichen nur den Dreh­sinn des Winkels angibt. Wie bei jeder irratio­nalen Zahl wird es auch hier nie zu exakten Über­deckungen der Blätter kommen, sodass jedes Blatt genügend Licht erhält und damit die Photo­synthese mit einer unschlag­baren Effizienz abläuft. Man könnte fast sagen mit einer Energie­ausbeute von 100%.

Für den Goldenen Winkel ergibt sich somit die unend­liche Maßzahl von 137,50776405...°.

Setzt man zudem den Kehrwert von Zähler und Nenner ins Verhält­nis, ergibt sich zum Beispiel bei 17711 : 28657 ein Verhält­nis von 1 : 1,61803.... Und das ent­spricht genau dem Goldenen Schnitt.

Diese Einzig­artigkeit des Goldenen Schnitts und des Goldenen Winkels lässt sich auch in der Goldenen Spirale wieder­erkennen. Mit ihr nähern wir uns immer mehr dem alles erklärenden Natur­gesetz. Um ein besseres Verständ­nis für die Goldene Spirale zu erhalten, wollen wir zuvor die gängig­sten Spiral­kurven und ihren Besonder­heiten noch etwas näher betrachten.

Sie lassen sich in zwei Gruppen einteilen: In die „ebenen” (flachen) Spiral­kurven und die „räum­lichen” Spiral­kurven. Letztere spielen besonders bei dynamischen Strukturen bzw. Wachstums­prozessen eine wesent­liche Rolle.





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