Die nächste Art von Schwingungen, die wir betrachten, sind die „erzwungenen Schwingungen”. Bei einem Oszillator kommt es nämlich auch darauf an, wie man ihn überhaupt in Schwingung versetzt. In vielen Fällen ist es so, dass eine äußere periodische Kraft auf einen derartigen Oszillator wirkt.
Wobei diese äußere periodische Kraft eine bestimmte von außen vorgegebene zeitliche Periode hat. Also, eine Frequenz bzw. eine Kreisfrequenz. Und dann gilt es zu untersuchen, wie der Oszillator auf diese äußere periodische Kraft reagiert.
In diesem Zusammenhang schaut man sich wieder die Bewegungsgleichung an, zunächst durch Aufstellen einer Differentialgleichung:
k ist die Rückstellkonstante
r ist die Reibungskonstante
F ist die Amplitude der äußeren Kraft
ω ist die Kreisfrequenz der äußeren Kraft
Durch Umformung kann man auch schreiben:
Das ist jetzt die Differentialgleichung für die erzwungenen Schwingungen eines harmonischen Oszillators.
Die Kreisfrequenz wird in diesem Fall erzwungen bzw. vorgegeben. Dies kann zum Beispiel während eines Versuchsaufbaus durch einen Motor geschehen. Wenn die äußere Frequenz jedoch so eingeregelt wird, dass man sich der Eigenfrequenz des Oszillators nähert, kommt es zu einer sogenannten „Resonanzkatastrophe”. Derartige Vorfälle kann man bei ungünstig aufeinander folgenden Windböen oder Erdbeben beobachten.
Dementsprechend erhält man die Eigenfrequenz für einen ungedämpften Oszillators:
Aber so wird im Allgemeinen der Oszillator in der Realität nicht schwingen, weil es eben diese von außen wirkende Kraft gibt. Um in unserer Überlegung bezüglich der erzwungenen Schwingungen weiter zu kommen, muss man wieder einen komplexen Lösungsansatz machen:
Doch jetzt muss man wachsam sein. Die Kreisfrequenz ω ist hier vorgegeben durch die äußere Kraft. Es gibt nun einen Unterschied in der grundsätzlichen Einstellung. Die allgemeine Lösung der inhomogenen Differentialgleichung setzt sich nämlich aus zwei Komponenten zusammen. Zum einen additiv aus der allgemeinen Lösung der homogenen Gleichung, plus einer speziellen Lösung der inhomogenen Gleichung.
Die allgemeine Lösung der homogenen Gleichung klingt mit der Zeitkonstante τ (tau) ab. Nach einer gewissen Zeit ist diese Gleichung gar nicht mehr spürbar, wenn man eine entsprechende Dämpfung hat. Was bleibt, ist ein stationärer Schwingungsvorgang unter dem Einfluss der äußeren Kraft.
Wenn man sich das entsprechend ausrechnet, bleibt im Wesentlichen wieder eine quadratische Gleichung. Aber diesmal nicht für die Kreisfrequenz ω, wie bei der normalen Schwingung, sondern eine quadratische Gleichung für die Amplitude a.
Wie schaut der Betrag dieser Amplitude aus? Diese Amplitude ist auch eine komplexe Zahl.
Und man erhält als Ergebnis:m ist die Masse des schwingenden Körpers
Dieser Ausdruck für den Betrag der Amplitude ist in der komplexen Ebene der Abstand vom Ursprung. Man hat damit die Amplitude der betrachteten Schwingung im stationären Zustand. Und was ergibt sich daraus?
Wenn die Dämpfung nicht zu groß ist, dann wird der zweite Term in der Wurzel klein sein. Und wenn die äußere Anregung in die Nähe der Eigenfrequenz des ungedämpften Oszillators kommt, dann wird der Nenner im ersten Term in der Wurzel sehr klein. Ist allerdings die äußere Anregung gleich dem ω₀, dann fällt dieser erste Term ganz weg.
Übrig bleibt bei kleiner Dämpfung nur ein einziger kleiner Term, und zwar der zweite Term im Nenner. Ein kleiner Nenner bedeutet eine große Amplitude, und das kann dann soweit gehen, dass es zu dieser Resonanzkatastrophe kommt.
Die Breite der sogenannten Resonanz hängt von der Dämpfung ab, die in dem Oszillator vorhanden ist. Je stärker der Oszillator gedämpft ist, desto breiter wird das Maximum der Amplituden werden. Dieses Verhalten, nämlich dass der Oszillator optimal schwingt, wenn er in der Nähe seiner Eigenfrequenz angeregt wird, ist die sogenannte „Resonanz”. Und Resonanzen sind in der Physik in vielen Bereichen etwas außerordentlich Wichtiges.
Was ist aber, wenn man die Dämpfung noch kleiner machen würde, wenn die Dämpfung quasi gleich Null ist? Dann wird der ganze Nenner Null. Als Konsequenz daraus wird die Amplitude unendlich groß, und sie schaukelt sich mehr und mehr auf. Es wird durch die äußere Kraft immer mehr Energie in das System „hineingepumpt” und die Reibung ist nicht mehr in der Lage, die Energie abzuführen und letzten Endes in Wärme umzusetzen. Schließlich kommt es zur Resonanzkatastrophe. Bei Annäherung an die Eigenfrequenz ω₀ wächst die Amplitude über alle Grenzen.
Die quadratische Gleichung für die Amplitude a ist nur solange sinnvoll, solange das r groß genug ist, damit dieser Fall der Resonanzkatastrophe nicht eintritt. Und das hat auch sehr wichtige praktische Konsequenzen. Denn in vielen Fällen ist es so, dass schwingungsfähige Systeme wie zum Beispiel Brücken durch äußere Kräfte zu Schwingungen angeregt werden.
Schwingungen finden immer nur an einem stationären Ort statt, so wie ein lokaler Oszillator mit seinen Schwingungseigenschaften. Er hat also nur eine zeitliche Periodizität. Wellen dagegen haben zusätzlich zur zeitlichen Komponente noch eine räumliche Komponente. Damit sich derartige Schwingungen ausbreiten können, muss man mehrere Oszillatoren betrachten, die miteinander gekoppelt sind.
Solche „gekoppelten Schwingungen” von mehreren Oszillatoren, sind relativ kompliziert zu beschreiben. Man erhält dann einen Satz von mehreren gekoppelten Differentialgleichungen, die gemeinsam gelöst werden müssen. Das sind dann mehrere Lösungsfunktionen, die den jeweiligen Auslenkungen in den verschiedenen gekoppelten Oszillatoren entsprechen.
Wie kann man sich solche gekoppelten Schwingungen vorstellen?
Hierzu stellt man sich gedanklich einen doppelten Spiralfeder-Oszillator vor, bei dem zwei Massenpunkte durch drei Spiralfedern räumlich voneinander getrennt sind und in horizontaler Lage zwischen zwei seitlichen Wänden positioniert sind. Man hat dann zwei Oszillatoren, die sich zunächst in einer Gleichgewichtslage befinden. Wenn einer der beiden Oszillatoren in Schwingung versetzt wird, wird er über die Koppelungsfeder den anderen Oszillator ebenfalls anregen.
Dann wird sich die erste Schwingung auf den zweiten Oszillator übertragen. Wenn man
sich das jetzt für eine Vielzahl von gekoppelten Oszillatoren vorstellt, wird sich so
ein Schwingungsvorgang im Laufe der Zeit räumlich ausbreiten. Das führt
dann von einem einzelnen Oszillator auf ein Wellenfeld. Neben den beiden
Rückstellkonstanten k₁ und
k₂ der Spiralfedern, gibt es zwischen den Massen
noch eine Koppelungskonstante
Wenn man beispielsweise bei zwei gekoppelten Oszillatoren, den einen in Schwingung versetzt, beginnt der zweite zunächst langsam und dann immer stärker mitzuschwingen. Der zweite Oszillator wird damit einen Teil der Energie des ersten Oszillators übernehmen. Bis der zweite schließlich die gesamte Energie des ersten übernommen hat.
Betrachtet man hierzu ein symmetrisches System, schwingt die Schwingungsenergie periodisch zwischen den beiden Massenpunkten hin und her. Das entspricht quasi einer Reflexion zwischen diesen beiden gekoppelten Oszillatoren.
Und das ist jetzt der Ausgangspunkt, von den Schwingungen auf die Wellen überzugehen.
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