Wirbelstrukturen im
4 - dimensionalen
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Grundkräfte


Allgemein

Wie wir im vorherigen Kapitel gesehen haben, ist das Standard­modell der Elementar­teilchen (SM) der erfolg­reiche Versuch, drei der bekannten vier fundamen­talen Wechsel­wirkungen von Materie zu vereinheitlichen.

Mit zunehmendem Erkenntnis­stand zeigt sich nämlich, dass die vierte Kraft, die „Gravitation” in das Standard­modell nicht mit einbezogen werden kann und in Zukunft durch eine andere Wechsel­wirkung ersetzt werden muss. Insofern behandeln wir nach­folgend nur die drei nach­gewiesenen Wechsel­wirkungen.

Einige Begrifflich­keiten wurden bereits im Kapitel „Standard­modell” erörtert.




Starke Wechselwirkung

Die Starke Wechsel­wirkung ist eine der drei nachge­wiesenen Grund­kräfte der Physik. Sie wird auch als Quanten­chromo­dynamik (QCD) bezeichnet. Mit ihr wird die Bindung zwischen den Quarks und den Hadronen erklärt. Die bekann­testen Hadronen sind die Nukleonen (Protonen und Neutronen), aus denen die Atom­kerne bestehen. Ihre Austausch­teilchen sind die Gluonen.

Vor der Einführung des Quark-Modells wurde als Starke Wechsel­wirkung lediglich die Anziehungs­kraft zwischen den Nukleonen des Atom­kerns bezeichnet, also zwischen den Protonen und Neutronen. Auch heute noch ist mit der Starken Wechsel­wirkung oft nur diese Rest­wechsel­wirkung gemeint, die aus historischen Gründen auch „Kernkraft” oder „Starke Kernkraft” genannt wird.

Nach der QCD wird diese Starke Wechsel­wirkung, so wie auch die Elektro­magnetische und die Schwache Wechsel­wirkung, durch den Austausch von Eichbosonen beschrieben. Diese Austausch­teilchen der Starken Wechsel­wirkung werden, wie bereits erwähnt, als Gluonen bezeichnet, von denen es acht Sorten gibt, mit unter­schied­lichen Farb­ladungs­zuständen. Die Gluonen übertragen Farb­ladungen zwischen den Quarks. Ein Gluon kann dabei auch mit anderen Gluonen inter­agieren und seiner­seits Farb­ladungen austauschen.

Man spricht deshalb von Farb­ladungen, weil sich einzelne Ladungen, ähnlich wie beim Mischen der realen Komple­mentär­farben, ggf. „auslöschen” können.

Die Anziehungs­kraft zwischen den Quarks bleibt auch bei zuneh­mender Entfernung konstant. Bei der Coulomb­kraft dagegen lassen sich zwei anziehende Teilchen mit wachsen­dem Abstand immer leichter trennen. Mit größerem Abstand bewirkt die zuneh­mende Wechsel­wirkungs­energie, dass die Quarks den Charakter eigen­ständiger Teilchen verlieren.

Aus dem Vakuum wird durch Erzeugung eines Quark-Antiquark-Paares ein Meson gebildet.

Obwohl Nukleonen, sprich die Kern­teilchen, immer die Farb­ladung Null haben, gibt es zwischen ihnen eine Rest­wechsel­wirkung oder Kern­kraft. Im weitest gehenden Sinne sind sie mit den Van-der-Waals-Kräften vergleich­bar, die man als elektro­magnetische Rest­wechsel­wirkungen zwischen elektrisch neutralen Atomen und/oder Molekülen ansehen kann.

Die Reich­weite der Anziehung durch die Rest­wechsel­wirkung liegt bei etwa 2,5 Femtometern (fm). Bei diesem Wert des Abstands r ist sie vergleich­bar stark wie die elektrische Abstoßung (Coulomb­kraft) zwischen den Protonen. Bei kürzeren Abständen ist sie stärker als die Coulomb­kraft. Ober­halb dieses Abstandes dagegen nimmt die Anziehung schneller ab als die Coulomb­kraft, die propor­tional zu 1/r² sinkt. Dieses Zusammen­spiel der beiden Grund­kräfte erklärt den Zusammen­halt und die Größen­ordnung der Atomkerne.

Auf sehr kurze Abstände wirkt die Kern­kraft abstoßend, entspre­chend einem harten Kern von 0,4 bis 0,5 fm. Außerdem ist die Kern­kraft Spin-abhängig. Sie wirkt stärker bei parallelen Spins als bei anti­parallelen, so dass das Deuteron, also der Atom­kern des Deuteriums, bestehend aus einem Neutron und einem Proton, nur für parallele Spins (Gesamtspin 1) gebunden ist. Wogegen das Diproton und das Dineutron, mit antiparallelen Spins aufgrund des Pauli-Prinzips, nicht gebunden sind.

Vor der Einführung des Quark-Modells wurde die Rest­wechsel­wirkung und ihre geringe Reich­weite mit einer effektiven Theorie erklärt:
Eine Art Yukawa-Wechsel­wirkung zwischen Nukleonen und Pionen, auch als Pion-Austausch­modell bezeichnet. Die geringe Reich­weite wird durch die von Null abweichende Masse der Pionen erklärt, die im Yukawa-Potential zu einer exponen­tiellen Abschwächung auf größeren Abständen führt.

Außer­dem wurde in den Nukleon-Nukleon-Potential-Modellen der Austausch weiterer Mesonen berück­sichtigt. Da Berech­nungen der Kern­kraft mit der QCD bisher nicht möglich sind, benutzt man zum Beispiel in der Beschrei­bung der Nukleon-Nukleon-Streuung verschie­dene phänomeno­logisch angepasste Potentiale, die auf Mesonen-Austausch­modellen basieren.




Schwache Wechselwirkung

Die Schwache Wechsel­wirkung, auch „Schwache Kernkraft” genannt, gehört eben­falls zu den drei nach­gewiesenen Grund­kräften der Physik. Sie wirkt wie die Starke Wechsel­wirkung nur auf sehr kurze Distanzen. Allerdings kann sie wie die anderen Kräfte für Energie- und Impuls-Austausch sorgen. Vor allem wirkt sie aber bei Zerfällen oder Umwand­lungen der beteiligten Teil­chen, etwa dem β-Zerfall bestimmter radio­aktiver Atom­kerne. Durch die Schwache Wechsel­wirkung lassen sich keine gebundenen Zustände bilden, was sie von den anderen beiden hier betrachteten Wechsel­wirkungen unter­scheidet.

Für das Leben auf der Erde ist die Schwache Wechsel­wirkung von entschei­dender Bedeutung, weil sie bei der Fusion von Wasser­stoff(H) zu Helium(He) in der Sonne (Proton-Proton-Prozess) eine Rolle spielt. Nur durch die Schwache Wechsel­wirkung, ist die Umwandlung von Protonen in Neutronen möglich. So entsteht aus vier Protonen (den Wasser­stoff­kernen) über mehrere Zwischen­schritte ein stabiler Helium­kern mit zwei Protonen und zwei Neutronen. Durch diesen Prozess setzt die Sonne Energie frei.

Aufgrund der geringen Stärke der Schwachen Wechsel­wirkung läuft dieser Prozess so langsam ab, dass die Sonne schon seit geschätz­ten 4,5 Mrd. Jahren stabil leuchtet und dies voraus­sichtlich noch weitere 5-6 Mrd. Jahre tun wird. Die schwache Wechsel­wirkung ist ca. 1011 mal schwächer als die elektro­magnetische und ca. 1013 mal schwächer als die Starke Wechsel­wirkung.

Wie die Starke und die Elektro­magnetische Wechsel­wirkung wird sie durch den Austausch von Eich­bosonen beschrieben. Diese Austausch­teilchen der schwachen Wechsel­wirkung sind in diesem Fall das neutrale Z-Boson (für die ungeladenen Ströme) sowie die beiden positiv bzw. negativ geladenen W-Bosonen (für die gelade­nen Ströme). Da ihre Austausch­teilchen masse­reich sind, hat die schwache Kraft nur eine extrem kurze Reich­weite unter­halb eines Atomkern­radius.

Die Schwache Wechsel­wirkung lässt sich am ein­fachsten bei Zer­fällen von Quarks oder Leptonen beobachten. In Streu­experi­menten dagegen ist diese Wechsel­wirkung schwer zugäng­lich, da sie bei geladenen Leptonen oder Hadronen von der starken bzw. elektro­magne­tischen Wechsel­wirkung über­lagert wird. Teil­chen, die weder der Starken noch der Elektro­magnetischen Wechsel­wirkung unter­liegen, also keine Farb­ladung und auch keine elek­trische Ladung tragen, bilden die unge­ladenen Leptonen. Das sind dann die sogenannten Neutrinos, die in Streu­experi­menten äußerst kleine Wirkungs­querschnitte besitzen.




Elektromagnetische Wechselwirkung

Die Elektro­magnetische Wechsel­wirkung ist die dritte der nach­gewiesenen Grund­kräfte der Physik. Sie ist verant­wortlich für die meisten alltäg­lichen Phänomene wie Licht, Elektri­zität und Magne­tismus. Des Weiteren bestimmt sie zusammen mit der Austausch­wechsel­wirkung den Aufbau und die Eigen­schaften von Atomen, Molekülen und Festkörpern.

Die Theorie der klassischen Elektro­dynamik geht auf James Clerk Maxwell zurück, der im 19. Jahrhundert in den nach ihm benannten Maxwell-Gleichungen die Gesetze der Elektri­zität, des Magne­tismus und des Lichts als verschie­dene Aspekte einer grund­legenden Wechsel­wirkung, „des Elektro­magnetismus”, erkannte.

Die Elektro­magnetische Wechsel­wirkung, die ja selbst das Ergebnis der Zusammen­fassung der Theorie elekt­rischer und magne­tischer Wechsel­wirkung ist, wird seit 1967 mit der Schwachen Wechsel­wirkung zusammen als Elektro­schwache Wechsel­wirkung beschrieben. Man ist daran interes­siert, die Starke Wechsel­wirkung in eine gemeinsame einheit­liche Feld­theorie mit einzubinden.

Kennzeich­nend für die elektro­magne­tische Wechsel­wirkung ist, dass sie eine große, im Prinzip unend­liche Reich­weite hat und gleich­zeitig den Umstand in sich vereinigt, dass sich die Wirkung einer negativen und einer positiven Ladung auf eine entfernte dritte Ladung aufheben kann. Die Stärke der elektro­magne­tischen Wechsel­wirkung wird durch die Fein­struktur­konstante bestimmt.

Diese Kopplungs­konstante ist etwa um den Faktor 100 kleiner als die der Starken Wechsel­wirkung, aber um mehrere Größen­ordnungen größer als die der Schwachen Wechsel­wirkung und erst recht viel größer als die der Gravi­tation. Gerade der letzt­genannte Umstand lässt an der noch fest­gehaltenen Gravi­tation als vierte Wechsel­wirkungs­kraft Fragen aufkommen.

Erscheinungen des Elektro­magnetismus können auch dann beobach­tet werden, wenn keine elek­trische Ladung in greif­barer Entfernung vorhanden ist, beispiels­weise bei den elektro­magne­tischen Wellen oder beim Zerfall π⁰ → 2γ des π⁰-Pions in zwei Gamma-Photonen.

Im Bereich der kleinsten Teil­chen wird die Elektro­magnetische Wechsel­wirkung durch die Quanten­elektro­dynamik (QED) beschrieben. Die elektro­magne­tischen Poten­tiale werden darin als Feld­operatoren aufgefasst, wobei durch sie die Photonen, also die Wechsel­wirkungs­teilchen der Elektro­magne­tischen Wechsel­wirkung, sowohl erzeugt als auch vernichtet werden. Anschau­lich bedeutet das, dass die Wechsel­wirkung zwischen geladenen Teil­chen, also der Austausch von Impuls und Energie, das Ergebnis des Austausches von Photonen zwischen diesen Teilchen ist.





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