Wirbelstrukturen im
4 - dimensionalen
gekrümmten Raum
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Stromleitung in Gasen


Rückblick

Im vorherigen Kapitel haben wir bereits einige Leitungs­mechanismen in verschie­denen Substanzen betrachtet. Dabei kam ein wesent­licher Unter­schied zum Tragen, nämlich deren Aggregat­zustände. Bisher ging es um Fest­körper und Flüssig­keiten. Jetzt werden wir dieses Teil­gebiet mit den Gasen abrunden.

Alle diese Systeme zeigen durchaus ein unterschied­liches Verhalten und sind qualitativ anders zu bewerten. Dement­sprechend ist das insgesamt gesehen ein außer­ordentlich interes­santes und ergiebiges Thema.

Bei den festen Körpern wurde insbesondere zwischen metal­lischen Leitern und Isolatoren unter­schieden. Und die wiederum weichen mitunter extrem vonein­ander ab, hinsicht­lich ihrer Leit­fähig­keit. Bei den metal­lischen Körpern kommt diese verhältnis­mäßig gute Leit­fähig­keit dadurch zustande, dass die Elektronen in den äußeren Hüllen der Atome weitest­gehend frei beweglich sind. Dadurch wird in dem Leitungs­energie­band eine leichte und gute Strom­leitung ermöglicht.

Bei den Isolatoren hingegen ist es so, dass sehr viel Energie benötigt wird, um Elektronen aus den äußeren Hüllen der Atome oder Moleküle dieser Körper in eine genügend hohe Energie zu heben. Denn erst dann gelangen die Elektronen in das Leitungs­band, wo sie sich frei bewegen könnten. Deshalb ist bei den Isolatoren das Leitungs­band grund­sätzlich frei von Elektronen. Und daher kommt es zu den gewaltigen Unter­schieden bei der Leit­fähig­keit zwischen metal­lischen Fest­körpern und Isolatoren.

In den meisten Fällen haben wir es bei den metal­lischen Fest­körpern mit „Elektronen­leitung” zu tun. Bei den Flüssig­keiten liegt die Sache völlig anders. Da spielen Elektronen als Ladungs­träger praktisch keine Rolle. Man hat es hier haupt­säch­lich mit „Ionen” zu tun. Aber nicht in allen Flüssig­keiten treten Ionen in genügender Anzahl auf. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn man eine Flüssig­keit betrachtet, bei der sich die Moleküle aufgrund fehlender chemischer Prozesse nicht auf­spalten, obwohl man diese Materialien in eine Lösung bringt. Der Grund dafür liegt in der soge­nannten „kovalenten Bindung”, bei der es zu einer Über­lappung der Elektronen­hüllen der einzelnen Atome kommt, und damit zu einem stabileren Verbund.

Anders verhält es sich dagegen bei Substanzen mit Ionen-Bindung. Hier zeichnet sich der eine Partner durch eine vor­nehmlich positive Ladung aus und der Gegen­part durch eine weitest­gehend negative Ladung. Wenn man jetzt eine gewisse Menge dieser Moleküle in eine flüssige Lösung, wie beispiels­weise Wasser gibt, dann wird auf­grund der hohen Dielektri­zitäts­konstante des Wassers die Anziehungs­kraft zwischen positiven und negativen Ladungen reduziert. In diesem Fall reichen verhältnis­mäßig geringe thermische Energien aus, um die betreffenden Atome weitest­gehend von­einander zu lösen. Wie wir bereits im vorherigen Kapitel gesehen haben, spricht man dann von Dissoziation. Daher hat man bei den Flüssig­keiten im Wesent­lichen keine Elektronen­leitung, sondern eine Ionen­leitung. Die dritte Art der Strom­leitung unter­scheidet sich nochmals von den beiden vorgenannten.




Stromleitung in Gasen

Bei den Gasen kann beides eintreten. Es kann sowohl eine Strom­leitung durch Elektronen geben, als auch positive und negative Ionen vorhanden sein. Wie kommt es dazu, dass Gase über­haupt leitend werden können? Hier kommt es wieder darauf an, ob man wie bei den Flüssig­keiten eine Ionisierung zustande bringt. Bei den Flüssig­keiten geschieht dies durch die Dissoziation. Bei den Gasen läuft der Prozess allerdings ein bisschen schneller ab. So ein Gas hat eine viel kleinere „Viskosität” als eine Flüssig­keit. Daher kann die hohe Geschwindig­keit der Elektronen zusätzlich „Leucht­erscheinungen” hervorrufen.

Bei Gasen, mit genügend hohen Ladungs­träger­konzen­trationen, spricht man von einem „Plasma”. Plasmen sind demnach hoch­ionisierte Gase. Und wie erreicht man das? Eine Möglichkeit besteht darin, dass man die Temperatur sehr hoch heizt. Aufgrund der hohen mittleren thermischen Energien der Gasmoleküle kommt es nur durch die Kollisionen zur Ionisierung und schließlich zur Plasmabildung.

Eine natürliche Ionisation kommt durch Höhen­strahlung zustande. Des Weiteren wird sie hervor­gerufen durch natürliche Radio­aktivität. Beides sind nicht anthropogene Vorgänge. Die Höhen­strahlung ist eine aus dem tiefen Welt­raum kommende sehr hoch­energe­tische Strahlung. Die darin enthaltenen primären Protonen, die in die obere Atmosphäre eintreffen, haben Energien, die im Laufe der Zeit durch viele große Magnet­felder beschleunigt wurden. Es treten dann weitere Teilchen in Erscheinung, wie zum Beispiel die Pionen und die Myonen. Und das alles führt im Allgemeinen zu geringen Ionen­konzentrationen.




Erzeugung größerer Ionenkonzentrationen

Es gibt verschiedene Prozesse, die wir nun kurz betrachten wollen. Wenn man durch irgend­welche Vorgänge die Gas­moleküle ionisiert, dann wird bei so einem Molekül ein Elektron quasi „weg­geschossen”. Dadurch wird das Molekül seiner­seits positiv und das Elektron bleibt negativ. Jetzt hat das freie Elektron die Möglich­keit, sich an einem anderen Gas-Atom anzu­lagern. Als Folge davon entstehen ein positives und ein negatives Gas-Ion. Würde man diese beiden Gas-Ionen zwischen zwei Elektroden geben, würden sich die Ionen zu den entspre­chenden Polen bewegen.

Allerdings ist das keine Einbahn­straße, denn die Ionen ziehen einander auch gegen­seitig an. Als Folge davon wird die Ionisierung wieder gestoppt. Es gibt also zwei gegen­läufige Prozesse, die Ionisation einerseits und die Rekombination anderer­seits. Wenn man eine stationäre Situation haben möchte, mit einer gewissen Anzahl von Ionen pro Kubik­meter, benötigt man dazu eine fort­laufende Erzeugungs­rate. Erst dann stellt sich ein Fließ­gleich­gewicht ein. Dieses Gleich­gewicht hängt von der Mobilität, den Ladungen, der Erzeugungsrate usw. ab.

Also, was für eine Möglich­keit hat man über­haupt, eine Ionisation zu bewirken? Wir wollen die Thematik inhalt­lich ein bisschen aufteilen. Die Ionisation kann zum einen erfolgen in Form einer „Volumen­ionisation” oder in Form einer „Ober­flächen­ionisation”. In einem Volumen geschieht dies mittels hindurcht­retender Höhen­strahlung oder entsprechend hohe Temperaturen und thermische Energien. Alternativ dazu geschieht dies entweder an heißen Oberf­lächen, oder an Ober­flächen mit hohem elektrischen Potential.

Aber eine vielleicht noch wichtigere Unter­scheidung ist, ob diese Ionisation unselbständig oder selbständig erfolgt. Das, was wir bisher betrachtet haben, beruht auf unselbständigen Mechanismen. Wenn man dagegen ein Gas in ein relativ starkes elektrisches Feld bringt, dann kann es passieren, dass die gerade gebildeten Ionen anschließend relativ stark beschleunigt werden. Durch derartige Beschleunigungs­prozesse erhalten die Ionen große Energien, sodass es im Innern des Gases zu Stoß­vorgängen mit einem anderen neutralen Gas­molekül kommt, wodurch es ebenfalls ionisiert wird. Als Folge davon entstehen wieder neue Ionen, die ihrerseits beschleunigt werden, und das führt schließ­lich zu einer Ketten­reaktion. Man könnte sich dies wie eine Art Stoß­welle vorstellen, die sich in dem System ausbreitet. In vielen praktischen Anwendungs­fällen favorisiert man daher eine selbständige Ionisation, die oft durch Plasmen realisiert wird.

Typischer Weise gibt es drei verschiedene Mechanismen, die man beobachten kann.




Thermische Ionisation

Als erstes ist die „Thermische Ionisation” zu nennen. Wenn eine genügend große thermische Energie vorhanden ist, wird es aufgrund dieser Energie zu einer Auf­spaltung eines zunächst neutralen Gas-Atoms in ein positives Ion und ein negatives Elektron kommen. Die Ionen-Emission ihrerseits kann erfolgen von heißen Metall­oberflächen oder wenn man zum Beispiel an glühende Drähte denkt, die man in Elektronen­röhren insbesondere bei Hoch­frequenz­anwendungen verwendet.

Aber die Ionen-Emission kann auch erfolgen in Flammen. Flammen sind im Grunde nichts anderes als glühende Gase. Wenn die Gase eine genügend hohe Temperatur haben, beginnen die Gas­moleküle ihrerseits elektro­magnetische Strahlung auszu­senden. Außerdem entsteht bei den entsprechend hohen thermischen Energien eine Ionisation der Moleküle. Und bei der anschlie­ßenden Rekombi­nation wird meistens wieder Energie frei, die in Form eines Photons ausgesendet wird.

Die Ionenemission in Flammen lässt sich auch veran­schaulichen mit zwei Platten eines Platten­kondensators. Diese Platten werden zunächst an eine Spannungs­quelle ange­schlossen. Anschlie­ßend werden die Platten aufge­laden, indem durch Reibung eine Ladungs­trennung erfolgt. Wenn man jetzt zwischen den Platten eine Flamme hinein­bringt, ruft dies eine thermische Ionisation hervor, wodurch ein Stromfluss entsteht.




Photoionisation

Als zweites gibt es die „Photoionisation”. Hierbei trifft eine genügend hoche­nergetische Licht­strahlung auf einen Körper, sodass aufgrund der ein­dringenden Photonen in die Ober­fläche, Elektronen aus dieser heraus­geschlagen werden können, und es dadurch zu Ionisierung kommt. Dieser Effekt, der zunächst empirisch fest­gestellt wurde, ließ vermuten, dass der Effekt nur dadurch erklärt werden kann, wenn die Licht­strahlung nicht nur einen Wellen­charakter hat, sondern auch als Teilchen­strahlung angesehen werden kann.

Bei der Photoionisation ist es so, dass durch kurz­wellige Strahlung, entweder im Volumen eines Gases oder an der Ober­fläche Ionisierung eintreten kann. Und daraus folgt dann wieder eine entsprechende Leit­fähig­keit in dem Gas. Warum das eine kurz­wellige Strahlung sein muss, hängt mit der Energie der Photonen zusammen. Die Energie eines Photons hängt unmittel­bar mit der Frequenz der entsprechenden elektro­magnetischen Strahlung zusammen und ist proportional zu dieser Frequenz.




Elektronen-Stoßionisation

Und der dritte Effekt ist die „Elektronen-Stoßionisation”. Wie bereits oben erwähnt, werden die Elektronen in einem elektrischen Feld stark beschleunigt. Durch deren Energie­zuwachs und den daraus resultie­renden Stoß­vorgängen mit zunächst neutralen Gas-Molekülen, werden diese als Folge ionisiert. Insofern führt dieser Elektronen­stoß zu einer selbständigen Entladung.

Hier gibt es auch wieder verschiedene Arten von Stoß­ionisation. Eine dieser Möglich­keiten ist „der Funke”. Das ist eine Stoß­ionisation, bei der hohe Ströme fließen, aber nur mit kurzer Dauer. Solche Ionisations­vorgänge von kurzer Dauer kann man zum Beispiel in der Atmosphäre beobachten, wenn sich Ionen­wolken unter­schiedlicher Polarität bilden, meistens durch Reibung und thermische Bewegung. Gerade bei großen Temperatur­unter­schieden, wird es in der Atmosphäre turbulent, und die Auswirkungen sind heftige Gewitter. Es kommt zu großen Spannungen in der Atmosphäre, und das kann zu Funken mit sehr großen Längen führen. Und da es in einem solchen Funken sehr heiß wird, kommt es zu einer thermischen Expansion, und diese stoßartige Explosion nehmen wir dann als Donner wahr. Also, es entstehen Stoß­wellen, die für uns hörbar sind.

Es lassen sich aber auch Funken herstellen bei „Kondensator­entladungen”. In diesem Fall fließt für eine kurze Zeit ein hoher Strom und sobald der Kondensator entladen ist, kehrt wieder Ruhe ein.

Eine weitere Methode, wie man zur Stoß­ionisation kommt, ist die „Licht­bogen­entladung”. Hierbei kommt es zu Glüh­emissionen aus den Elektroden, die wegen ihrer guten Leit­fähig­keit manchmal aus Kohle­stiften herge­stellt werden. Wenn zwischen diesen Kohle­stiften eine entsprechend hohe Spannung herrscht, bildet sich ein Licht­bogen. Es entsteht durch die entsprechende Spannung eine Stoß­ionisation, die letzten Endes zu einem hohen stationären Ladungs­transport führt. Es kommt dann zu einem sehr hellen und intensiven Licht, welches man bei großen Schein­werfern nutzt. Ein solcher Lich­tbogen kann bei Atmosphären­druck realisiert werden. Mittler­weile geht man aber immer mehr dazu über, LED-Schein­werfer zu verwenden.

Vielleicht denkt man in diesem Zusammen­hang auch an die Polar­lichter. Spontan würde man sie der „Photoionisation” zuordnen, aber Polar­lichter haben mehr mit der „Stoß­ionisation” zu tun. Zunächst sind in der Atmosphäre nur wenige Ladungs­träger vorhanden, die zum Teil von der Sonne mit dem Sonnen­wind heran­getragen werden. Anschließend werden die Ladungs­träger im Erdmagnet­feld beschleunigt, und erhalten eine entsprechend hohe Energie. Das führt dann zu dem Elektronen-Stoß. Im Grunde sind es Ladungs­träger, die längs der magnetischen Feld­linien in die Atmosphäre eintreten, und dort durch Elektronen-Stoß­ionisation sowie selbständige Entladung zu stärkerer Ionisation und damit zu Leucht­effekten führen.




Glimmentladung

Und letztlich gibt es noch eine sogenannte „Glimment­ladung”. Bei der Glimment­ladung handelt es sich weder um einen Funken noch um einen Licht­bogen. Die Stoß­ionisation, die hier zum Tragen kommt, wird durch geringe Ströme hervor­gerufen, die bereits durch geringe Gas­drücke erreicht werden. Aber es kommt auch hier zu einen stationären Ladungstransport.

Wenn man in einem mit Gas gefüllten System den Gas­druck reduziert, erhalten die einzelnen Moleküle in dem Gas eine größere mittlere freie Weg­länge. Die Moleküle können länger frei fliegen, bevor sie wieder mit einem anderen Gas­molekül zusammen­stoßen. Das bedeutet aber, wenn dieses Molekül bereits ionisiert war, wird dieses Ion auf­grund der längeren mittleren freien Weg­länge, in einem bestimmten elektrischen Feld, auch eine größere Energie erreichen können. Und wenn diese Weg­länge groß genug wird, bzw. der Druck klein genug ist, dann wird diese Energie so anwachsen, dass diese Energie ausreicht, um wieder neue zunächst neutrale Gas-Moleküle zu ionisieren. Dadurch entsteht dann der Prozess der bereits ange­sprochenen Stoß­ionisation und man hat wieder einen stationären Vorgang.

Die Glimmentladung findet Anwendung bei Leucht­stoffröhren. Bei diesen Leucht­erscheinungen kommt es zu einer stationären Schich­tung, was ein Hinweis auf diskrete Energie­niveaus bei den Gas­molekülen ist. Diese Energie­niveaus müssen erreicht werden, damit ein neutrales Gas-Molekül angeregt werden kann, um dann nachher auch wieder durch Rück­fall in den Grund­zustand ein Photon auszu­senden, was dann die Licht­erscheinung hervor­ruft. Gäbe es keine der­artigen diskreten Energie­niveaus, hätte man immer nur eine gleich­mäßig glatte Licht­säule. Die Elektronen müssen aber eine aus­reichend große Strecke durch­laufen, bis sie energetisch genug angeregt sind, um die Anregungs­schwelle zu überwinden.





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