Wirbelstrukturen im
4 - dimensionalen
gekrümmten Raum
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Rotation von Bezugssystemen

Bei der nach­folgenden Betrachtung gilt zu berück­sichtigen, dass jetzt „keine Trans­lation” vorliegt.

Somit ist es sinn­voll, beide Koordinaten­ursprünge O und O in einen gemein­samen Ursprung zu legen. Das eine ist dann der Ursprung des Inertial­systems und das andere ist der Ursprung des rotie­renden Systems. Und wie bei einem Rotations­körper üblich ist, gibt es immer eine Rotations­achse. Diese Rotations­achse hat die Eigen­schaft, dass auf derselben auch die Punkte im rotie­renden System in Ruhe bleiben. Und natürlich befinden sich auch die zwei Ursprünge O und O auf der Rotation­sachse.

Die Koordinaten­achsen der Bezugs­systeme müssen nicht zwingend mit der Rotations­achse parallel oder im rechten Winkel ange­ordnet sein. Sie können alle irgendwie schief im Raum liegen. Es wird keine bestimmte Koordinaten­achse benötigt, um die das System rotiert. Rotiert wird vielmehr um den Winkel­geschwindig­keits­vektor (siehe Kapitel Kreisbewegung).

Ein wesent­licher Unter­schied zur Trans­lation besteht darin, das der Orts­vektor = entspricht. Aus Sicht des Systems S und S ist der Orts­vektor der gleiche.

Um das näher zu beschreiben, betrachtet man das rotie­rende System S. Das ruhende System S ist, wie gesagt, das Inertial­system. Aus der Sicht dieses ruhenden Systems sieht man, wie sich die Basis­vektoren des rotie­renden Systems bewegen werden. Die Spitze des Basis­vektors, zum Beispiel x, rotiert dann auf einer Kreis­bahn.

Was ist dann die zeit­liche Ableitung vom Vektor x?

x ist in diesem Fall der Orts­vektor des Punktes. Bei der Kreis­bewegung hatten wir schon eine nütz­liche Beziehung für die Geschwindig­keit kennen­gelernt. Sie war wie folgt definiert:

Jetzt betrachten wir die zeit­liche Ände­rung der Basis­vektoren des rotie­renden Systems relativ zu dem ruhenden Inertial­system. Ganz analog erhält man für die drei Basis­vektoren durch Gleich­setzung:

Daraus kann man erkennen, dass in rotie­renden Bezugs­systemen gleich zwei Trägheits­kräfte auftreten.

Um das Verhalten in rotie­renden Bezugs­systemen näher unter­suchen zu können, müssen wir schritt­weise vorgehen. Zunächst beschränken wir uns auf gleich­förmig rotierende Bezugs­systeme.

Gleichförmig rotierende Bezugssysteme

Im ersten Schritt betrachten wir einen beliebigen Vektor , der irgendwo in den 3-dimensionalen Raum zeigt. Dann schauen wir uns an, wie sich dieser Vektor relativ zum Inertial­system S ändert. Es kann sich dabei um einen Orts­vektor oder auch einen Geschwindig­keits­vektor handeln. Das spielt zunächst einmal keine Rolle.

Hierzu schreibt man sich den Vektor in Bezug auf beide Systeme S und S auf. In Bezug auf das ruhende Inertial­system ergibt sich:

Jetzt kann man den gleichen Vektor auch in Bezug auf das rotierende Basis­vektor­system darstellen.

Der Vektor ist im weiteren Verlauf nicht konstant. Dieser kann im Laufe der Zeit neben dem Ort auch seine Länge ändern. Und auch alle anderen Kompo­nenten können sich zeitlich relativ zum Inertial­system ändern.


Im zweiten Schritt betrachten wir die Ände­rungen von dem Vektor relativ zu S und relativ zu S. Im Anschluss muss man die Bezie­hungen wieder differen­zieren.

Die Ände­rung des Vektors nach der Zeit relativ zum ruhenden System S stellt sich wie folgt dar:

Analog dazu stellt sich die Ände­rung des Vektors nach der Zeit relativ zum rotie­renden System S ähnlich dar:

Wie gewohnt muss man auch hier die zeitlichen Ände­rungen des Vektors wieder umformen. Dabei geht man so vor, dass man letzten Endes den Zusammen­hang zwischen dem d /dt und dem d /dt herleiten kann:

Jetzt formt man weiter nach der Produkt­regel um, indem man von den Produkten zunächst den ersten Faktor nach der Zeit differen­ziert, und der zweite Faktor unverän­dert bleibt. Und anschließend analog dann von den Produkten den ersten Faktor unverän­dert lässt, und den zweiten Faktor differenziert:

Was ergibt sich daraus? Weiter oben haben wir ja bereits die drei Basis­vektoren festgelegt.

Wenn wir das jetzt entspre­chend einsetzten, ergibt sich alternativ für die zweite Differen­zierung:

Als Folgerung erhält man:

ist wieder die Winkel­geschwindig­keit des rotie­renden Systems relativ zum Inertial­system.

Was fängt man jetzt mit dieser einfachen über­sicht­lichen Formel an?

Nun lässt sich die Geschwindig­keit eines Massen­punktes berechnen, der entweder aus Sicht des ruhenden Systems S oder aus Sicht des rotie­renden Systems S betrachtet wird.

Geschwindigkeit eines Massenpunktes

Zunächst muss man den Vektor als Orts­vektor festlegen:

=

Es geht dabei um den Orts­vektor des Massen­punktes, dessen Geschwindig­keit wir ausrechnen wollen. Der Orts­vektor ist in beiden Systemen immer der gleiche, egal ob man sich das im System S oder im System S betrachtet. Denn es handelt sich um ein und denselben Ursprung, der beiden Fällen auf der Rotations­achse liegt. Unter diesem Vektor versteht man nicht seine zeit­liche Veränderung.

Also, es geht darum, dass man einen Massen­punkt im Raum betrachtet, wobei der Ursprung konstant ist. In diesem Fall ist der Orts­vektor zu diesem Massen­punkt vorge­geben. Nun hat man aber auch zwei Bezugs­systeme. Das eine ist das ruhende Inertial­system S, und das andere ist das rotie­rende System S. Beide Systeme haben denselben Ursprung, und deshalb handelt es sich jeweils um den gleichen Orts­vektor. Aber aus der Sicht des einen wie des anderen Bezugs­systems, wird sich dieser Orts­vektor mit der Zeit unter­schiedlich ändern.

Dennoch ist er immer der gleiche Orts­vektor und zeigt zu demselben Massen­punkt. Wenn sich der Massen­punkt selbst zusätz­lich noch bewegt, also relativ zu dem Inertial­system, dann ist natürlich auch der Orts­vektor zeitab­hängig. Und das trifft dann auf beide Bezugs­systeme zu.

Halten wir fest: Der Orts­vektor eines Massen­punktes ist in beiden Systemen jeweils gleich, weil es sich nur um ein und denselben Massen­punkt handelt, und weil die beiden Bezugs­systeme immer einen gemein­samen Ursprung haben. Zudem führen die Bezugs­systeme keine Trans­lations­bewegungen durch.

Alles in allem ist jetzt dieser Vektor der Orts­vektor. Damit erhält man durch Einsetzen:

d /dt ist wie immer die Geschwindig­keit des Massen­punktes relativ zum System S.

Oder anders ausgedrückt:

d /dt ist die Geschwindig­keit des Massen­punktes relativ zu dem System S.

Oder anders ausgedrückt:

Auch hier kann man den Zusammen­hang beider Bezugs­systeme gut erkennen:

Was hat das letztlich für eine Bedeutung?

Um das zu erkennen, wollen wir zwei einfache Spezial­fälle einfließen lassen.

Erster Spezialfall

Falls der Massen­punkt, um den es geht, in S ruht, dann bedeutet das, dass er sich mit dem rotie­renden System mitbewegt. So wie wir als Körper oder Massen­punkt auf der Erde. Daraus ergibt sich:

Diese Beziehung kennen wir bereits aus der Kreis­bewegung. Die Geschwindig­keit eines Körpers, der sich auf einer Kreis­bahn bewegt, wird dargestellt als ×, und zwar wenn die Winkel­geschwindig­keit dieser Bewegung ist und der Orts­vektor dieses Massen­punktes.

Bezogen auf unsere jetzige Betrachtung heißt das:

Wenn der Körper relativ zu S ruht, aber S zugleich rotiert und daher der Massen­punkt mitrotiert, dann beschreibt er eine Kreis­bahn und zwar mit der Winkel­geschwindig­keit . Seine Geschwindig­keit ist dann relativ zum ruhenden Inertial­system und entspricht ×.

Zweiter Spezialfall

Falls der Massen­punkt, um den es geht, jedoch in S ruht, dann bedeutet das, dass er im ruhenden Inertial­system keine Bewegung voll­zieht. Diesmal bewegt sich das rotie­rende System. Wie sieht dann das rotie­rende System diesen Massen­punkt? Daraus ergibt sich:

Was ist denn nun der Unter­schied zwischen dem Begriff der Geschwindig­keit und der Relativ­geschwindigkeit?

Geschwindig­keit ist die Geschwindig­keit des betrachteten Massen­punktes relativ zum ruhenden Inertial­system. Wobei die Relativ­geschwindig­keit die Geschwindig­keit desselben betrachteten Massen­punktes ist, aus Sicht des rotie­renden Bezugs­systems.

Nachdem wir den Orts­vektor fest­gelegt haben, berechnen wir jetzt die Beschleunigung.

Beschleunigung des Massenpunktes

Hierzu legt man nochmals obige Beziehung zugrunde:

Jetzt geht man aller­dings so vor, dass der Vektor die Geschwindig­keit des Massen­punktes relativ zum ruhenden System ist:

Wenn man das in unsere Beziehung einsetzt, erhält man durch mehr­maliges Umformen:

Hinweis: In dieser Formel ist d /dt = , wobei sich hier auf das Bezugs­system S bezieht.

Jetzt werden wir schritt­weise auf die Größen über­gehen, die sich auf das System S beziehen.

Hinweis: In dieser Formel ist eben­falls d /dt + × = , wobei sich das hier auf das Bezugs­system S bezieht.

Jetzt kommt man nicht drum­herum, obige Formel zu differen­zieren:

Als Ergebnis erhält man die Beschleu­nigung des betrach­teten Massen­punktes relativ zum ruhenden System:

Jetzt kann man die Gleichung leicht umstellen:

Abschließend braucht man wieder nur die physika­lische Inter­pretation durch­führen.

Hierzu nimmt man zunächst an, dass der Massen­punkt unbeschleunigt relativ zum ruhenden System S ist. In diesem Fall wirken natürlich keine einge­prägten Kräfte. Denn einge­prägte Kräfte bewirken immer, dass ein Körper relativ zu einem Inertial­system beschleunigt ist.

Für das ruhende unbeschleu­nigte Inertial­system gilt demnach:

Für das rotierende beschleu­nigte Bezugs­system gilt anderseits:

Das bedeutet, der Beobachter im rotie­renden System S beobachtet jetzt, dass es eine Beschleu­nigung gibt, und macht dafür Träg­heits­kräfte verant­wortlich. Und zwar einer­seits eine soge­nannte „Coriolis­kraft”. Das ist einfach Masse · (obiger) Beschleu­nigung.

Und anderer­seits macht der Beobachter eine „Zentri­fugal­kraft” dafür verant­wortlich:

Wenn man sich das noch­mals gedank­lich vorstellt:
Es geht darum, dass der Massen­punkt als unbeschleu­nigt in S angesehen wird, das heißt, es werden keine einge­prägten Kräfte wirken. Somit nimmt ein Beobachter zwei Arten von Kräften wahr. Die eine ist die Zentri­fugal­kraft, die radial nach außen weist. Während die Coriolis­kraft nur dann auf­tritt, wenn sich der betrach­tete Körper zusätz­lich noch relativ zu dem rotie­renden System bewegt. Und dann steht diese Kraft senk­recht auf die Relativ­bewegung, weil wir ja ein vektorielles Produkt relativ zuein­ander betrachten.

Der wesent­liche Unter­schied zwischen der Coriolis­kraft und der Zentri­fugal­kraft liegt also darin, dass die Zentri­fugal­kraft stets auftritt und radial nach außen gerichtet ist, wogegen die Coriolis­kraft nur dann auftritt, wenn sich der betrachtete Körper noch relativ zu dem rotierenden System bewegt. Die Coriolis­kraft lenkt die Bewegung seitlich ab.


Jetzt geht man davon aus, dass der Massen­punkt unbeschleunigt oder ruhend ist, relativ zum rotie­renden System S. Der Massen­punkt rotiert also im Wesent­lichen mit diesem System mit. Das stellt sich wie folgt dar:

Es gibt also keine Beschleu­nigung relativ zum rotie­renden System und damit erhalten wir:

Es ist im Grunde so, als ob ein Beobachter in S keine Gesamt­kraft beobachtet, weil aus seiner Sicht die Beschleu­nigung dieses Körpers gleich Null ist. Es ist also notwendig, dass zusätz­liche Kräfte ange­wendet werden müssen, um diesen Massen­punkt unbeschleu­nigt relativ zum System S zu halten, nämlich weitere „Führungs­kräfte”. In diesem Fall ergeben sich zwei Führungs­kräfte.

Die eine Führungs­kraft wird definiert als:

Mit dieser Führungs­kraft wird die Coriolis­kraft in dem System kompensiert.

Andererseits ergibt sich daraus noch eine zweite Führungs­kraft:

Diese zweite Führungs­kraft, die hier auch erforder­lich ist, nennt man die „Zentri­petal­kraft”. Sie ist der Zentrifugalkraft entgegen­gerichtet. Würde sich zum Beispiel die Erde schneller drehen, würden wir beim Gehen seitlich wegdriften.

Zusammen­fassend kann man sagen, die Träg­heits­kräfte treten nur in beschleu­nigten Bezugss­ystemen auf bzw. speziell in rotie­renden Bezugs­systemen. Die einge­prägten Kräfte treten dagegen sowohl in beschleu­nigten Systemen als auch in unbeschleu­nigten Inertial­systemen auf.
Daher ist der entschei­dende Unter­schied: Eine Träg­heits­kraft kann generell durch Über­gang auf ein Inertial­system zum „Verschwinden” gebracht werden. Eine einge­prägte Kraft hingegen ist gleicher­maßen wirksam, egal ob man sich in einem Inertial­system oder in einem beschleu­nigten bzw. rotie­renden Bezugs­system befindet.

Die Zentri­fugal­kraft betrifft uns auf der Erde relativ wenig. Aber wenn man sich von der Erde weiter weg bewegt, dann wird die Gravitations­kraft geringer und die Zentri­fugal­kraft größer. Schließ­lich erreicht man eine Position, an der sich beide Kräfte kompen­sieren. Und deshalb werden auf dieser Umlauf­bahn die geostationären Satelliten positioniert.

Insofern ist der Anwendungs­fall der geostationären Satelliten nicht uninteressant. Der Bahn­radius der Satelliten im Verhältnis zum Erd­radius hat nämlich ein ganz besonderes Verhältnis: Dieses Verhältnis beträgt etwa:

Damit Satelliten wirklich stationär sind, müssen sie in der Äquator­ebene der Erde kreisen. Und während sich die Erde dreht, drehen sich die Satelliten mit, sodass sie aus unserer Sicht immer an derselben Stelle stehen.





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