Jetzt soll sich das System S∗ mit seinem Ursprung O∗ „gleichförmig beschleunigt” relativ zum Bezugssystem S und dessen Ursprung O bewegen. Also mit konstanter Beschleunigung . Dann ergibt sich daraus:
Wenn man integriert erhält man:
Wird noch einmal integriert kommt heraus:
Wenn man jetzt obige Beziehung zugrunde legt, und das Argument für den Ortsvektor einsetzt, ergibt sich für das gleichförmig beschleunigte Bezugssystem:
Und wieder gilt:
Auch hier werden wir jetzt die dazugehörige Geschwindigkeit ausrechnen. Zunächst wird wieder nach der Zeit differenziert:
Wenn der Massenpunkt P in dem System S∗
ruht, dann ist seine Geschwindigkeit relativ zu S. In diesem
Fall ist
Aber falls jedoch der Massenpunkt P im System S
ruht, dann ist seine Geschwindigkeit relativ zu S∗.
In einem solchen Fall ist
Nachdem wir die Geschwindigkeiten hergeleitet haben, wollen wir wieder die Beschleunigung ausrechnen.
Bzw. nach Umformung erhält man:
Was bedeutet das?
Wenn man das physikalisch interpretiert sieht man, dass die Beschleunigungen jetzt nicht mehr gleich sind. Daraus folgt, dass ein „beschleunigtes” System kein Inertialsystem mehr ist.
Für die Interpretation untersuchen wir zwei Situationen.
Im ersten Fall ist der Massenpunkt P unbeschleunigt im System S. Er kann auch ruhend sein. Was lässt sich beobachten?
Wenn das System S, wie vorausgesetzt wird, ein Inertialsystem
ist und damit unbeschleunigt, dann wirken auf den Massenpunkt P
offenbar keine Kräfte. Es wirken hier insbesondere keine „eingeprägten”
Kräfte. Denn würden derartige Kräfte wirken, dann wäre der Massenpunkt
relativ zum Inertialsystem S beschleunigt. Denn Kraft ist ja
definitionsgemäß
Aus Sicht des gleichförmig beschleunigten Bezugssystems erfährt
dieser Körper jetzt eine Beschleunigung
Und diese Kraft nennt man die „Trägheitskraft” im Gegensatz zur eingeprägten Kraft.
Im zweiten Fall, ist der Massenpunkt P unbeschleunigt im System S∗. Also gegenüber dembeschleunigten Bezugssystem soll der Massenpunkt unbeschleunigt sein, woraus folgt:Welche Schlüsse lassen sich daraus ziehen?
Der Beobachter im System S∗ beobachtet keine
Gesamtkraft, weil der Körper unbeschleunigt ist. Aus seiner Sicht sieht es so
aus, als wenn dem Körper keine Beschleunigung widerfährt. Um diesen
Massenpunkt gegen S∗ unbeschleunigt zu halten,
ist jetzt eine entsprechende Kraft erforderlich. Man sagt, in diesem Massenpunkt
muss eine „eingeprägte Kraft” wirken, die dafür sorgt, dass dieser
Körper trotzdem eine Beschleunigung
erfährt. Diese Kraft bezeichnet man auch als:
Diese Kraft bezeichnet man im Gegensatz zur Trägheitskraft als eine „Führungskraft”. Was bedeutet das? Diese Kraft ist eine eingeprägte, wirkliche Kraft in dem Sinne, dass sie eine Beschleunigung relativ zu einem Inertialsystem hervorruft. Der Beobachter im System S nimmt nur die Führungskraft wahr, aber keine Trägheitskraft.
Die Führungskraft ist die Kraft, die jemand aufwendet, um einen Massenpunkt relativ zu einem beschleunigten System in Ruhe zu halten. In unserem Fall ist der Massenpunkt ruhend, relativ zum System S∗. Mittels dieser Führungskraft wird dem Körper eine Kraft eingeprägt. Die Führungskraft kompensiert quasi die Trägheitskraft.
Ein klassisches Beispiel hierfür ist ein Koffer mit Laufrollen, in einem Zug der beschleunigt. Betrachtet man die Situation aus Sicht des Reisenden im Zug, ergibt sich folgendes:
Die Trägheitskraft tritt auf, wenn man sich in diesem beschleunigten Bezugssystem befindet und man beobachtet, dass der Koffer nach hinten weg beschleunigt wird. Man macht dafür die Trägheitskraft verantwortlich. Wendet man eine Führungskraft an, indem man den Koffer festhält, sprich um diese Trägheitskraft zu kompensieren, dann führt man diesen Massenpunkt (Koffer) mit dem beschleunigten Bezugssystem (Zug) mit. Aus der Sicht dieses Systems S∗ bleibt der Massenpunkt kräftefrei, weil er ja jetzt wieder in Ruhe ist, relativ zum Zug. Aber es werden dennoch zwei Kräfte benötigt, die einander gerade kompensieren.
Betrachtet man die Situation jetzt aus Sicht eines Beobachters der noch auf dem Bahnsteig steht, ergibt sich verändertes Bild:
Es ist der identische Vorgang, und der Reisende im Zug hält seinen Koffer fest. Aus der Sicht des Beobachters auf dem Bahnsteig tritt diese Trägheitskraft gar nicht auf. Wohl aber sieht er in unveränderter Form die eingeprägte Führungskraft auf den Koffer. Und das ist das dahinterliegende Prinzip.
Zusammenfassend lässt sich sagen, die eingeprägten Kräfte sind stets vorhanden. Egal in welchem Bezugssystem man sich befindet. Befindet man sich aber in beschleunigten Bezugssystemen, treten zusätzlich die Trägheitskräfte auf. Und es sind genau diese Trägheitskräfte, die man berücksichtigen muss, um diese scheinbar merkwürdigen Bewegungen relativ zu einem beschleunigten Bezugssystem in einer einheitlichen Art und Weise zu beschreiben.
Der Hauptpunkt ist folgender: Eingeprägte Kräfte kann man durch Transformation auf andere Bezugssysteme nicht wegbringen. Trägheitskräfte aber schon, indem man auf ein Inertialsystem transformiert. Man begibt sich also aus einem beschleunigten System in ein unbeschleunigtes System. Aus Sicht des ruhenden Systems sind dann die Trägheitskräfte weg. Aber die Führungskraft als eingeprägte Kraft bleibt erhalten. Trägheitskräfte kann man durch Transformation auf geeignete Inertialsysteme somit zum „Verschwinden” bringen, eingeprägte Kräfte dagegen nicht. Daraus ergibt sich ein wichtiger Lehrsatz:
In einem Inertialsystem gibt es keine Trägheitskräfte.
Doch neben translatorischen Bezugssystemen gibt es rotierende Bezugssysteme, die eine Drift aufweisen.
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