Wirbelstrukturen im
4 - dimensionalen
gekrümmten Raum
Sie befinden sich:  Wirbelstrukturen / Grundlagen / Urknall − Teil 2
Fragen zum Urknall − Teil 2




Was der Urknall „erklärt”

Die bekannteste Version, die die heutige Generation für die Erschaffung der Welt anführt, besagt folgendes: Vor ungefähr 14 Milliarden Jahren, die Schätzungen gehen zum Teil weit auseinander, gab es weder ein Universum noch leeren Raum. Es gab auch keine Zeit und keine Materie. Es gab lediglich einen unendlich kleinen Punkt von unendlich großer Dichte, „Singularität” genannt. Dieser kleine Punkt explodierte, wodurch das uns bekannte Universum entstand. Mit einer viel größeren Geschwindig­keit als der von Licht, habe sich das noch junge Universum bei dieser Explosion im Früh­stadium in einem winzigen Bruchteil einer Sekunde aufgebläht.

In den ersten Minuten des Urknalls fand eine Kernfusion großen Ausmaßes statt, wodurch die gegen­wärtig im inter­stellaren Raum gemessenen Konzen­trationen an Wasserstoff und Helium sowie zumindest ein Teil der Lithium­konzentra­tionen erzeugt wurden. Wahrscheinlich nach 300 000 Jahren kühlte sich der universum­große Feuerball ein wenig unter die Temperatur der Sonnen­oberfläche ab. Nun konnten sich Elektronen in Bahnen um Atome sammeln, und ein Photonenblitz oder Licht entstand.

Diese Urstrahlung ist heute noch messbar, und zwar als Mikrowellen-Hintergrund­strahlung. Sie kühlte im Laufe der Millionen von Jahren weiter ab, bis auf eine Temperatur von aktuell 2,7 Kelvin. Die Entdeckung eben dieser Hintergrund­strahlung in den Jahren 1964/65 überzeugte die meisten Wissen­schaftler davon, dass etwas Wahres an der Urknall­theorie sei. Das Urknall­modell erklärt angeblich auch, warum sich das Universum offenbar nach allen Richtungen ausdehnt. Und wieso entfernte Galaxien mit hoher Geschwindig­keit voneinander und von der Erde wegstreben.

Gibt es einen Grund, diese Theorie anzuzweifeln, wenn sie doch so viele Erklärungen zu liefern scheint? Können wir davon ausgehen, dass wir das Ende des Erkenntnis­stands erreicht haben, und wir über ein umfassendes Verständnis der Anfänge unseres Universums verfügen? Man denke nur an die Theorie, die der Astronom Ptolemäus im 2. Jahrhundert u. Z. vertrat. Für ihn beschrieben die Sonne und die Planeten große kreis­förmige Bahnen um die Erde, wobei sie selbst einen kleinen Kreis, Epizykel genannt, ziehen. Diese Theorie schien die Planeten­bewegung zu erklären.

In den folgenden Jahrhunderten sammelten die Astronomen mehr und mehr Daten, und die ptolemäischen Kosmologen konnten den bereits bekannten Epizykeln immer neue hinzu­fügen und so die neuen Erkennt­nisse scheinbar „erklären”. Das heißt aber nicht, dass die Theorie stimmte. Letzten Endes lagen einfach zu viele Beobachtungs­daten vor, als dass man sie mit dieser Theorie hätte erklären können. Eine andere Theorie, wie die des Kopernikus, gemäß der die Erde um die Sonne kreist, lieferte eine logischere und einfachere Erklärung. Heute gibt es kaum noch einen Astronomen, der für die ptolemäische Kosmologie eintritt.

Professor Fred Hoyle verglich die Bemühungen der Kosmologen, die wankende Theorie des Ptolemäus angesichts neuer Entdeckungen aufrecht­zuerhalten, mit den Bestrebungen der Urknall­verfechter, ihre Theorie zu retten. Hoyle schrieb in seinem Buch Das intelligente Universum: „Die Anstrengungen vieler Wissen­schaftler beschränken sich darauf, Wider­sprüche innerhalb der Urknall-Theorie zu übertünchen und Auswege zu erdenken, die zu einem immer komplizier­teren und schwer­fälligeren Modell führten.” Nachdem er darauf Bezug genommen hatte, dass Ptolemäus seine Theorie ganz umsonst durch die Epizykel zu retten versuchte, erklärte Hoyle weiter: „So fällt es mir nicht schwer zu sagen, dass über der Urknall-Theorie bereits das Leichen­tuch schwebt. Ich erwähnte bereits, dass eine Theorie, die sich einer Reihe von ihr wider­sprechenden Fakten gegen­übersieht, kaum eine Chance des Überlebens besitzt.”

In der Zeitschrift New Scientist (22./29. Dezember 1990) wurden ähnliche Gedanken geäußert. Es hieß: „Die Arbeits­weise in Verbindung mit dem ptolemäischen System ... ähnelt der Arbeits­weise in Verbindung mit dem kosmischen Urknallmodell in großem Maß.” Dann war zu lesen: „Wie lässt sich in der Elementar­teilchen­physik und in der Kosmo­logie echter Fortschritt erzielen? ... Wir müssen die rein spekulative Natur einiger unserer liebsten Vermutungen offener eingestehen.”




Fragen, die das Urknallmodell nicht beantwortet

Ein gewichtiger Einwand gegen die Urknall­theorie wird von Beobachtern erhoben, die mit Hilfe der korrigierten Optik des Hubble-Raumteleskops die Entfernungen zu anderen Galaxien berechnen. Die neuen Daten haben den Theoretikern unter den Urknall­verfechtern einen Schrecken eingejagt.

In den 90er Jahren hatten die Astro­nomin Wendy Freedman und ihre Mitarbeiter mit dem Hubble-Raum­teleskop die Entfernung einer Galaxie im Virgo-Haufen gemessen, und die Messungen lassen vermuten, dass sich das Universum schneller ausdehnt und daher jünger sein muss als bisher angenommen. Tatsächlich sprechen die neuen Daten dafür, dass „der Kosmos gerade einmal acht Milliarden Jahre alt ist”, wie in der Zeitschrift Scientific American (Juni 1995) berichtet wurde. Acht Milliarden Jahre scheinen eine sehr lange Zeit zu sein, dennoch machen sie nur etwa die Hälfte des gegen­wärtig geschätzten Weltalters aus. Dadurch entsteht ein besonderes Problem, weil, wie es in dem Bericht weiter hieß, „andere Daten vermuten lassen, dass gewisse Sterne mindestens 14 Milliarden Jahre alt sind”. Sollte sich das von Wendy Freedman ermittelte Weltalter als korrekt heraus­stellen, müssten diese alten Sterne schon vor dem Urknall existiert haben!

Ein weiteres Problem in Verbindung mit dem Urknall ergibt sich aus den zunehmenden Beweisen für „Blasen” im All mit einem Durch­messer von 100 Millionen Licht­jahren an ihren Rand­zonen befinden sich Galaxien, das Innere ist leerer Raum. Margaret Geller, John Huchra und ihre Kollegen am Harvard-Smithsonian-Zentrum für Astro­physik haben am Nord­himmel einen Galaxien­haufen mit einer Länge von etwa 500 Millionen Lichtjahren entdeckt, den sie „die Große Mauer” nennen. Eine weitere Gruppe Astronomen, die als „die Sieben Samurai” bekannt wurde, fand Anhalts­punkte für eine andere kosmische Ansammlung in der Nähe der am Süd­himmel erschei­nenden Stern­bilder Hydra und Kentaur; sie wird „Großer Attraktor” genannt. Die Astro­nomen Marc Postman und Tod Lauer vermuten, dass jenseits des Sternbilds Orion eine noch stärkere kosmische Anziehungs­kraft liegt, die Hunderte von Galaxien, darunter unsere Galaxis, wie Flöße auf einer Art „kosmischem Fluss” in jene Richtung treiben lässt.

All diese Strukturen geben Rätsel auf. Nach Aussage von Kosmologen lässt sich von der Hinter­grund­strahlung ableiten, dass sich bei der Urexplosion die Materie äußerst geordnet und gleich­förmig verteilte.




„Wir übersehen irgendeinen grundlegenden Faktor”

Die von Margaret Geller erstellten dreidimen­sionalen Karten von Tausenden von Galaxien in Form von Anhäufungen, Knäueln und Blasen haben unter Wissen­schaftlern zu einem ganz anderen Bild des Universums geführt. Die Große Mauer allein durch die Schwer­kraft erklären zu können scheint unwahr­scheinlich zu sein.
„Ich habe oft das Gefühl, wir über­sehen bei unseren Versuchen, derartige Strukturen zu erklären, irgendeinen grund­legenden Faktor”, räumte sie ein.

Margaret Geller sagte außerdem über ihre Befürch­tungen: „Wir sind ganz eindeutig nicht in der Lage, die weitläufigen Strukturen mit dem Urknall in Einklang zu bringen.” Interpretationen der kosmischen Strukturen, die auf der aktuellen Kartographie des Himmels basieren, sind alles andere als endgültig. Margaret Geller erklärte außerdem: „Womöglich stellen wir eines Tages fest, dass wir die Teile unseres Bildes nicht richtig zusammen­gesetzt haben, und das wird so offen­sichtlich sein, dass wir uns fragen werden, warum wir nicht schon früher daran gedacht haben.”

Das führt zu der entschei­dendsten Frage überhaupt: Was soll den Urknall ausgelöst haben? Kein Geringerer als Andrei Linde, einer der Begründer der sehr beliebten Version der infla­tionären Urknall­theorie, gab offen zu, dass das Standard­modell diese grund­legende Frage nicht beantwortet. „Das erste – und wichtigste – Problem ist der Urknall selbst”, sagt er. „Wenn mit ihm Raum und Zeit ihren Anfang nahmen, wie konnte alles aus dem Nichts entstehen? Gab es vielleicht doch etwas davor? ... Eine solche anfäng­liche Singularität zu erklären, wie der Urknall sie darstellt, ist noch immer das wider­spenstigste Problem der modernen Kosmologie.”

In einem Artikel der Zeitschrift Discover kam man seinerzeit zu der Schluss­folgerung, dass „kein vernünftiger Kosmologe behaupten würde, der Urknall sei die endgültig letzte Theorie”.




Eine Alternative

Wenn es also so schwierig ist, die bisher beobachteten Phäno­mene mit der Urknallt­heorie zu erklären, welche Alternative gibt es?

Der Antwort auf diese Frage werden wir in diesem Bereich nachgehen. Schritt­weise werden wir die bisherigen Erkennt­nisse um eine neue Theorie erweitern. Ob sie der Schlüssel für ein weiteres Ver­ständnis der Zusammen­hänge ist, werden zukünftige Experimente und astronomische Beobachtungen liefern.

Um ein Verständnis für die Komplexität dieses Themas zu erhalten, werden wir nach­folgend kurz die Faszination der Mathematik beschreiben und anschließend einige ungelöste physikalische Phänomene aufgreifen.





Kapitel Kapitel

OFFIZIELLE WEBSITE VON   VOLKER RÖDEL